Gemeinsam glänzen – das wünscht sich Barbara Engel (68) für unsere heutige Gesellschaft. Zum Zusammenhalt in schweren Zeiten trägt die Designerin aktuell mit bestickten Seidenbändern bei – sie sollen symbolisieren, dass Verbundenheit und Abstandsregeln einander nicht ausschließen. HEYDAY sprach mit dem umtriebigen TV-Star über soziales Engagement, Schicksalsschläge und Lebenskunst
Ihre Zeit ist jetzt! Designerin und Lebenskünstlerin Barbara Engel (ehemals Herzsprung) versteckt sich nicht. Sie pfeifft auf überkommene gesellschaftliche Konventionen und erschafft aus sich selbst heraus immer wieder etwas Neues
Barbara Engel mit Thorsten Osterberger, Mitbegründer von HEYDAY MAGAZINE
HEYDAY: Liebe Barbara, ich freue mich, dass wir uns endlich persönlich kennenlernen. Gegenseitig aufmerksam aufeinander geworden sind wir über Instagram. Was gefällt Dir an den Sozialen Medien, und wie nutzt Du sie?
Barbara Engel: Ich liebe es einfach Fotos zu machen, den Moment im Augenblick festzuhalten. Ich habe Instagram einfach mal ausprobiert und Fotos hochgeladen – ich freue mich auf die positive Resonanz von Leuten, die mich mögen. Ich bin ja keine Prominente, die auf Social-Media ihr ganzes Privatleben teilt.
Privates ist Dir heilig?
Ja das Privatleben liegt ganz tief in einer Schatzkiste, und da kommt keiner rein. Über mich oder meine Töchter, Sarah und Hannah Herzsprung, werdet ihr von mir nichts Privates erfahren – das ist wie mit Corona, da gibt es Regeln an die ich mich halte.
Jetzt bin ich etwas irritiert, denn als Du 2008 erstmals als Kandidatin beim Dschungelcamp aufgetreten bist, hast Du ja viel von der privaten Barbara gezeigt. Was war da Deine Intention?
Das war etwas ganz anderes, das war typisch Barbara. Barbara – die Räuberbraut. Zum Zeitpunkt der Anfrage durch RTL kannte ich das Format gar nicht. Ich habe dann meine beiden Kinder am Frühstückstisch dazu befragt und sie meinten einstimmig: „Mami, das geht gar nicht!” Das hat mich neugierig gemacht. Schließlich hat mich der damalige RTL-Unterhaltungschef Uwe Schlindwein, mittlerweile ein Freund von mir, überzeugt – er sagte mir ich könne mein eigener Regisseur sein, und dass das Dschungelcamp überdies die Chance für einen großen Neustart für mich sein könnte.
Ich hatte nur eine Bedingung: Ich wollte, dass RTL mit mir nach Sri Lanka fliegt, wo ich seit dem Tsunami von 2004 ehrenamtlich karitativ tätig bin und eine Seidenfabrik beim Aufbau unterstützt habe. Zwei Wochen später wurde dann tatsächlich auf Sri Lanka gedreht. Ich habe die Fabrik auch danach weiter unterstützt – zum Beispiel habe ich Wendeschürzen für Dirndl entworfen, die dort produziert wurden.
Das ist die Seidenfabrik, mit der Du bis heute eng zusammenarbeitest?
Ja, das Verhältnis wurde mit der Zeit immer inniger, da ich ja ein paar Jahre auf Sri Lanka gelebt habe. Vor Ort habe ich für Lodenfrey drei Kollektionen entworfen, und mehrere Firmen an die Produktionsstätte herangeführt.
„Miteinander an einem Strang ziehen und zusammenhalten!” – schon immer und lange vor der Corona-Krise ein Leitspruch von Barbara . Mit ihren Seidenbändern – vorne bestickt mit „Abstand halten”, auf der Rückseite mit „Zusammenhalten” – will sie spielerisch darauf aufmerksam machen, dass Solidarität heute wichtiger denn je ist. Ein Aufruf an alle Menschen und auch an die Industrie.
Auf Sri Lanka gab es dann 2010 einen Wendepunkt: Du hattest einen schlimmen Unfall. Was ist passiert?
Ich hatte ein Haus in Galle Fort und als ich nach einer Ayurveda-Massage die Treppen zum Atrium runter lief, stürzte ich. Die Schulter wurde noch in Sri Lanka im Krankenhaus operiert, dann hat man mich nach Berlin ausgeflogen. Ich war drei Millimeter von der Querschnittslähmung entfernt. Jetzt habe ich eine neue Hüfte, einen neuen Rücken und eine neue Schulter.
Wie hast Du Dich ins Leben zurückgekämpft? Was hat dir dabei geholfen?
Das positive Denken, der Lebenswille und das Selbstvertrauen, dass ich es schaffen kann. Ich war insgesamt eineinhalb Jahre im Krankenhaus und hatte elf Operationen, dazu kam noch eine Keim-Infektion, die mich ein halbes Jahr an den Rollstuhl fesselte. Damals wollte man mich auch noch dafür verantwortlich machen, dass ich den Keim aus Sri Lanka mitgebracht habe, wo doch in deutschen Kliniken an jeder vierten Tür „Keim!” steht. Man muss sich das mal vorstellen: Jährlich sterben 30.000 Patienten in Deutschland an einem Krankenhaus-Keim.
„Ich versuche noch bewusster zu leben, denn jeder Tag – egal wie schlecht er sich auch im Moment anfühlen mag – ist ein Geschenk!”
Was hat diese Erfahrung mit Dir gemacht – wie hat sie Deine Einstellung zum Leben verändert?
Ich versuche noch bewusster zu leben, denn jeder Tag – egal wie schlecht er sich auch im Moment anfühlen mag – ist er ein Geschenk. Das habe ich mir seither eingebläut. Jeden Sonntag gehe ich in die Berliner Sophienkirche, nicht wegen der Reden im Gottesdienst, die interessieren mich selten. Stattdessen stelle mir vor, wie viele Menschen über die Jahrzehnte hier schon saßen, und was die wohl alle so durchgemacht haben. Es erfüllt mich dann mit großer Dankbarkeit für mein Leben, und dafür, dass die lange Krankheit überstanden ist – die Kirchenbesuche bringen mich auf den Boden zurück.
Wir werden geboren und wir sterben irgendwann, egal ob wir studiert haben, dieses oder jenes machen – irgendwann ist es vorbei. Die intelligentesten Menschen sind für mich jene, die ihr Leben friedlich, entspannt und harmonisiert im Griff haben. Das ist doch die größte Lebenskunst.
Viele schwören auf die Kraft von Yoga? Wie stehst Du dazu?
Yoga praktiziere ich nicht, aber ich bin mit meinem Körper sehr im Einklang und mache Übungen, bei denen ich spüre, dass Energien fließen – ohne mich dabei als esoterisch bezeichnen zu wollen.
Was für Vorzüge hat das Älterwerden, und was ist nicht so cool?
Das Älterwerden ist etwas total Spannendes. Für mich ist es so: Ich habe im Laufe der Zeit viel Vertrauen in mich selbst errungen – ich mag mich, ich kann mich ohne negative Gefühle betrachten. Früher mochte ich mein Aussehen nicht so gut leiden, heute mit 68 finde ich mich selbst mega-cool. Weil ich eben ein Typ bin. Das ist das Allerwichtigste, und das ist es auch, was man der Jugend beibringen muss.
Ich bin dankbar dafür, wie ich bin, und es ist mir egal was, andere über mich sagen. Es ist für andere vielleicht nicht normal, wie ich mich mit 68 Jahren verhalte, und auch, dass ich mich wieder bewegen kann nach so einem schweren Unfall – aber ich habe es geschafft! Dazu erfreuen mich meine zwei ganz wunderbare Töchter, die beide liebevolle Familien haben. Und ich habe Enkelkinder – in die bin ich so verliebt wie noch nie, da hätte ein Kerl gar keine Chance.
Die Kreative, die ihre Neugier nie verloren hat, sprudelt vor Ideen. Nach der Ausbildung zur Verlagskauffrau folgte sie ihrem Traum und bewies Talent als Designerin, unter anderem mit einer Dirndl-Kollektion. Zudem brachte sie ein Kinderbuch heraus, für das sie weitgehend unbekannte, gewaltfreie Märchen zusammenstellte. Seit ihrer Zeit auf Sri Lanka hält sie bis heute den Kontakt zu einer Produktionsstätte, die nach dem Tsunami von 2004 in Not geriet – mit ihrer Accessoire-Linie aus reiner Seide unterstützt Barbara Engel mit jeder Anfertigung die Existenz dieser Manufaktur.
„Mein Rezept ist es, nie aufzuhören das Schöne wahrzunehmen, Neues zu entdecken und mich daran zu erfreuen”
Barbara Engel
Das Empfinden für wahre Schönheit geht bei der heutigen Jugend total verloren. Was bedeuten Schönheit im Allgemeinen und Schönheit im Alter für Dich? Wie würdest Du der heutigen Jugend die Essenz von Schönheit erklären?
Perfekt symmetrische schöne Gesichter vergisst man schnell, aber Typen, die bleiben beständig! Und im Alter, da trennt sich die Spreu vom Weizen. Es gibt nichts Schöneres als gepflegte ältere Gesichter, die rüberbringen, was ein Mensch alles erlebt hat. Schon als Kind habe ich es geliebt, in einer Runde von älteren Ladies zu sitzen – ich konnte ihnen stundenlang zuhören. Die hatten was zu erzählen, und das hat mich interessiert.
Mein Rezept ist es, nie aufzuhören das Schöne wahrzunehmen, Neues zu entdecken und sich daran zu erfreuen. Ist doch klar, dass die Gesichtszüge dann positiver aussehen, als wenn man stagniert und alles schlecht findet. Wenn man sich wirklich für Themen interessiert, und sich daran erfreut, bekommt man eine ehrliche, positive Ausstrahlung. Eine total geliftete Frau ist für mich nicht ehrlich, die hat Komplexe. Denn für wen macht sie das? Für sich selbst bestimmt nicht.
Unsere Jugend steht aktuell unter enormen Druck – durch Foto-Filter werden Gesichter optimiert, viele greifen sogar schon in jungen Jahren zu invasiven Eingriffen …
Das ist grauenhaft. Schau dir Gesichter von Indianern an, die haben eine Falte nach der anderen und dabei aber strahlend junge Augen. In diesen Augen siehst du das Leben!
Das sieht man auch oft in anderen Kulturen – 100-jährige Frauen, übersäht mit Lebenslinien, aber mit glücklichen, leuchtenden Augen.
Ja, weil sie respektiert und wertgeschätzt werden, was hierzulande leider nicht immer der Fall ist, und ältere Menschen in unserem Kulturkreis zunehmend unter Einsamkeit leiden.
Wichtig im Alter ist es stets, die Energie und Neugierde zu behalten. Ich habe HEYDAY verfolgt, und dachte mir: Die will ich mal kennenlernen. Ihr bringt das Thema Älterwerden so gut rüber, und es ist heute wichtiger denn je, dass die Zielgruppe der Älteren endlich hervorgehoben wird.
Und noch ein Rat an alle Firmen, die sich selbst als „junges Start-up Unternehmen” bezeichnen: Das kostbarste im Leben ist Erfahrung – vor diesem Hintergrund ist es einfach nicht angesagt, dass der Respekt der Jugend gegenüber den älteren Generationen verloren geht, und auf ihre unbezahlbaren Erfahrungen und Erkenntnisse kein Wert mehr gelegt oder komplett verzichtet wird.
Apropos Unternehmen: Du hast ja nach Deiner Ausbildung als Verlagskaufrau direkt eine Mode-Boutique eröffnet, und bis vor einem Jahr in einem Berliner Store am Hackeschen Markt für nachhaltige Brands gearbeitet...
Ich liebe die Hackeschen Höfe in Berlin: Die Tradition der Höfe ist eine Attraktion für Touristen, und für mich das Einkaufszentrum der Zukunft – speziell für Menschen, die das Individuelle lieben. Sie kommen aus der ganzen Welt und genießen das stationäre Einkaufserlebnis als sinnliches Kontrastprogramm zum Online-Shopping. Sie fühlen sich beraten – und nicht verraten. Die Menschen wollen nicht nur konsumieren, sie wollen ein Verkaufserlebnis, und das zu liefern bereitet mir Freude.
Ich habe dort zwei Jahre lang für eine nachhaltige Firma gearbeitet, mich aber auf Grund eines Generationskonflikts wieder getrennt. Ich bin ein Harmonie-Mensch und kann nur in der richtigen Umgebung und vor allem nur mit ehrlichen Menschen glänzen. Denn Intrigen machen mich traurig und schaden meiner Seele. Nach dem Lockdown werde ich den Laden Eat Berlin mit unterstützen und in einer Art Shop-im-Shop meine Teile anbieten. Darauf freue ich mich schon sehr…
Dinge, die nachhaltig sind und eine Haltung haben?
Ja genau.
Bei Mode setzt Barbara auf Qualität: „Da darf ein Teil auch schon mal mehr kosten, denn edle Materialien und guten Verarbeitung rentieren sich durch Langlebigkeit”. Ihr Tipp: Auf Klassiker setzen! Einige Designerstücke des Ende der Siebziger entstandenen Mode-Shootings für ihre damalige Boutique trägt sie noch heute …
Mode ist Deine Leidenschaft?
Ja, auf jeden Fall. Aber Mode als Ganzes, als Einheit. Es geht nicht darum, irgendwelche Marken zu tragen – die Marke bin ich. Und dieses Selbstbewusstsein will ich auch den Kunden vermitteln, indem ich sie ganzheitlich style und nicht, weil man das jetzt eben trägt. Ich habe die Gabe, den Menschen als Ganzes zu sehen. Würdest Du etwas tragen, was nicht harmonisiert, dann wäre das grauenhaft für mich und würde mir weh tun. Etwa so, wie wenn in einem Konzert eine Geige verstimmt ist, und nur die Musiker können das raushören. Das ist eine Begabung.
Das war auch das Schöne im Verkauf – die Menschen kamen immer gerne zu mir, weil ich nie versucht habe, jemandem etwas anzudrehen. Ich möchte Menschen einfach glücklich machen, das ist eigentlich so mein Ding im Leben. Und Mode kennt keine Altersgrenzen. Mode bedeutet, dass Jung und Alt sich ergänzen – und gemeinsam glänzen.
Wie wichtig ist Dir Qualität?
Ich habe Teile aus der Zeit in meiner Boutique in Hamburg, die ich heute noch trage. Die Qualität ist unfassbar gut, und auch wenn das Teil vor 20 Jahren 1000 Mark gekostet hat, lohnt es sich bis heute.
Mit was beschäftigst Du dich derzeit?
Ich habe so unendlich viele Ideen! Aktuell möchte ich mit meiner Abstandsbänder-Aktion spielerisch mit dem aktuellen Covid-Thema umgehen und in diesem Rahmen auch noch die Seidenfabrik in Sri Lanka unterstützen, die die Bänder ohne Mittelsmann produziert. Ich bereichere mich dabei nicht am Verkauf. Wie es auf meinen Bändern geschrieben steht: Es ist der Zusammenhalt von Menschen über alle Grenzen hinweg, der mir unendlich wichtig ist.
Eigentlich wäre ich gerne Stylistin geworden. Wer sich von mir beraten und stylen lassen möchte kann mich anfragen und einen Termin ausmachen. Gemeinsam gehen wir dann shoppen und machen uns einen fröhlichen Tag…
Barbara liebt die Berliner Hackeschen Höfe – einer ihrer Favoriten ist der Laden Eat Berlin, der auf beste Qualität made in Berlin aus lokalen Genuss-Manufakturen setzt
Die selbst designten Abstandsbänder sind Barbaras Herzensprojekt. Ihre TV-Bekanntheit nutzt sie, um Aufmerksamkeit für ihre Mission zu erregen, die den Zusammenhalt zwischen Menschen in den Vordergrund stellt. So traf sie sich im Rahmen eines Wiedersehens der Dschungelshow in Köln mit dem Musiker Ross Antony, einem einstigen Dschungelcamp-Kollegen, mit dem sie mittlerweile eine Freundschaft verbindet.
Über Barbara Engel
Barbara Engel wurde 1952 in Hamburg als Tochter des Verlegers, Rennfahrers und Rallye-Europameisters Werner Engel geboren. Nach dem Abitur absolvierte sie eine Lehre als Verlagskauffrau. 1976 eröffnete sie ihr erstes Modegeschäft L’Uomo in Hamburg. 1979 heiratete sie sie den Schauspieler Bernd Herzsprung in Los Angeles, gemeinsam haben sie die Töchter Hanna und Sarah Lena Herzsprung. Sie trat in diversen Reality-TV-Shows auf, veröffentlichte zwei Märchenbücher, ist als Designerin tätig und betreibt den Online-Shop Barbara Engel.