Die Freundinnen Kathrin und Merle verbrachten die Corona-Quarantäne gemeinsam in einer Wohnung – aus der Isolation entstand eine zarte Liebesgeschichte, die der Fotograf Matthias Wehofsky in einer stimmungsvollen Bilderstrecke nachstellte. HEYDAY sprach mit Kathrin über diese intensive Zeit …
Für die beiden Freundinnen Kathrin (Hair & Make-up Artist und Unternehmerin, 40) und Merle (Psychologiestudentin, 24), war die Corona-Krise eine Zeit voller Überraschungen, neuer Gefühle und Entdeckungen. Denn als Merle im März 2020 positiv auf Covid-19 getestet wurde, und Kathrin sich dadurch eventuell bereits angesteckt hatte, beschlossen die beiden einfach zusammen in Quarantäne zu gehen. Es folgten vier intensive Wochen in Merles Wohnung, in der sich die beiden Frauen nicht nur freundschaftlich, sondern auch sexuell nähergekommen sind. Da sich beide bis dahin als heterosexuell empfunden hatten, waren sie sehr überrascht, als sich plötzlich mehr zwischen ihnen entwickelte. Kathrin erzählt auf HEYDAY nun von dieser intimen Zeit – und wie es ihre heute damit geht.
HEYDAY: Wie habt ihr den Lockdown zusammen erlebt?
Kathrin: Merle und ich kennen uns jetzt seit einem Jahr. Obwohl wir beide grundsätzlich eher auf Männer stehen, war da von Anfang an irgendwie mehr zwischen uns. So eine Mischung aus freundschaftlichem Verhältnis und sich zueinander hingezogen fühlen. Ich würde sagen, dass es immer ein bisschen so eine Chemie zwischen uns war – quasi eine freundschaftliche Liebe auf den ersten Blick.
In der Quarantäne hatten wir dann einfach mega den Spaß miteinander. Wir haben zusammen gelacht, getanzt, Musik gemacht, ewig geredet. Natürlich fühlt man sich durch die lange Zeit miteinander automatisch näher und irgendwie zueinander hingezogen. Das hat dann wohl dazu geführt, dass wir uns so ein bisschen verliebt haben, denke ich. Irgendwie ist es dann einfach so passiert zwischen uns. Erst fanden wir es lustig auch sexuell miteinander zu werden und nach einer Zeit wurden wir einfach extrem vertraut, fast wie ein Paar.
Der mit Dir befreundete Fotograf Matthias Wehofsky sah Deine Posts auf Instagram und fragte, ob er euch beide für eine Serie fotografieren dürfe. Wie habt ihr reagiert?
Erst waren wir uns nicht so sicher, ob wir das wollen. Zum Einen weil wir nicht wussten, ob wir uns überhaupt natürlich vor der Kamera verhalten könnten aber dann auch wegen Merles Freund. Wir haben uns dann darauf geeinigt eher so kuschelige Fotos zu machen. Wir waren beide super aufgeregt, bevor Matthias kam. Aber er hat es so gemacht, als sei er gar nicht da. Wir konnten uns daher völlig normal bewegen und haben dann schließlich doch alle Hemmungen verloren.
„Es ist wirklich egal, ob der Mensch, dem ich näher komme, ein Mann oder eine Frau ist – es geht vielmehr darum, was mich an dem Menschen interessiert, was ich spannend finde”
Tatsächlich gelingt es Matthias in seiner Fotoreihe, sowohl eure Vertrautheit als auch Spannung und Scheu zu transportieren – wie zwischen frisch Verliebten. Uns interessiert natürlich, wie es nun mit euch weitergehen wird …
Die Zeit des Lockdowns war ja für viele eine Zeit, in der man sein bisheriges Leben, seine Beziehungen überdacht und gemerkt hat, wer einem wichtig ist, wen man sehen, an wen man denken will. Für mich war das Merle. Aber wer ist es für Merle? Sie ist ja noch mit einem Mann zusammen, der in Italien wohnt und mit dem sie eine offene Beziehung hat. Wegen Corona konnten sich die zwei über mehrere Monate nicht sehen.
Obwohl wir beide wirklich offen in unserer Kommunikation sind, ist es dennoch schwierig für uns, darüber zu sprechen, was nun zwischen uns ist. Natürlich ist es klar, dass es jetzt mehr ist als nur Freundschaft. Aber was es ist, dass scheint uns beiden momentan nicht ganz klar zu sein.
Wenn sich zwischen uns wieder etwas ergeben sollte, dann ist es schön, wenn nicht, dann nicht. Mir ist es sehr wichtig, dass ich in meiner Lust Neues auszuprobieren, niemanden verletze und auch nichts zwischen uns beiden kaputt mache. Denn die Freundschaft zu Merle ist mir auf jeden Fall wichtiger, als das Sexuelle übers Knie zu brechen.
Es scheint so, als hätte die gemeinsam verbrachte Zeit einiges an euren bisherigen Liebes- und Beziehungskonzepten ins Wanken gebracht …
Bis zu dem Erlebnis mit Merle hatte ich nur Beziehungen und Affären mit Männern gehabt. Ich hatte mich nie wirklich getraut, so richtig etwas mit einer Frau anzufangen. Dafür war ich einfach viel zu unerfahren und zu schüchtern und hatte auch ziemlich Angst etwas falsch zu machen. Während der Zeit mit Merle habe ich mich dann oft gefragt „warum eigentlich?“. Denn wenn ich so ganz tief in mich reinhorche, dann muss ich sage, dass ich immer auch Interesse an Frauen hatte und mich auch schon immer zu Menschen hingezogen fühlte, die eher androgyn sind und sowohl ihre männliche als auch weibliche Seite ausleben. Ich hatte auch vorher schon mal mit Frauen geknutscht, aber für mehr hätte mich eine Frau schon an die Hand nehmen müssen. Und so war es dann mit Merle.
Jetzt, einige Monate später, würde ich sagen, dass es wirklich egal ist, ob der Mensch, dem ich näher komme, ein Mann oder eine Frau ist. Meiner Meinung nach geht es vielmehr darum, was mich an dem Menschen interessiert, was ich spannend finde. Aber gleichzeitig kommen mit diesen neuen Seiten, die ich an mir entdeckt habe, auch Ängste. Ich weiß, dass ich mir hier selbst widerspreche, aber es ist wirklich so, dass es mir noch immer schwerfällt, vor anderen zu sagen, dass ich auch auf Frauen stehe. Irgendwie ist dies leider noch immer nicht ganz selbstverständlich. Warum? Ich kann es selbst nicht sagen. Und ich frage mich, ob das noch kommen wird und dies einfach Ängste vor einer neuen, ungewohnten Rolle sind?
Mein Ziel ist es, mich irgendwann ganz frei zu machen von den Vorstellungen anderer Leute und davon, was die Gesellschaft sich für mich ausgedacht hat. Damit ich Entscheidungen treffen kann, mit denen es mir persönlich am besten geht, egal ob es in die Konventionen passt oder nicht.
Was empfiehlst Du anderen Menschen, die sich vielleicht in einer ähnlichen Situation befinden?
In sich hinein zu horchen und Dinge einfach auszuprobieren.
Über Matthias Wehofsky
Matthias Wehofsky ist Fotograf und lebt in Berlin. In seiner Jugend zogen Matthias und seine Familie an verschiedene Orte rund um die Ostsee. Dieses ständige Umherziehen weckte sein Interesse daran, die einzigartigen Beziehungen der Menschen zu ihrer Umwelt und vor allem untereinander zu beobachten. Sein fotografischer Stil ist geprägt von den engen Verbindungen, die durch alltägliche Interaktionen ermöglicht werden. Matthias bemüht sich mit jedem Bild um authentische Szenarien. Dies zeigt sich sowohl in seinen persönlichen Arbeiten als auch in seinen Auftragsprojekten für diverse renommierte Agenturen sowie viele internationale Marken. Mehr zum Werk des Fotokünstlers findet sich HIER auf seiner Webseite oder HIER auf Instagram.