Ungeschminkt #01 – „Ich möchte, dass man mir mein Leben ansieht“

Markus C. Hurek

In unserer neuen Live-Interview-Reihe auf Instagram spricht HEYDAY-Autorin und Beauty-Expertin Martina Davidson (48) ab sofort regelmäßig über Schönheit und das Älterwerden. Ihre erste Gesprächspartnerin: Schauspielerin Clelia Sarto (50). Ein lässiger Talk, hautnah und ehrlich!

Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek
Die Schauspielerin Clelia Sarto hautnah im Interview mit Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek im Restaurant Osterberger in Berlin-Mitte

„Retuschierte Fotos? – aus dem Alter bin ich raus“, so Clelia Sarto bei einer spontanen Rede im Rahmen des HEYDAY-Themendinners in Kooperation mit Gerry Weber. So entstand die Idee zu einem ganz besonderen Talkformat: Ungeschminkt! Vor dem Interview porträtierte der Berliner Fotograf Markus C. Hurek die beiden Frauen getreu dem Motto: ohne Make-up und ohne Bildbearbeitung.

Clelia Sarto, fotografiert von Markus C. Hurek

„Ich trage das Portrait meines Lebens in meinem Gesicht”

Clelia Sarto

HEYDAY: Liebe Clelia, mit deiner Aussage zu retuschierten Fotos hast du vielen Frauen aus der Seele gesprochen. Warum ist es dir so wichtig, deine Bilder nicht mehr bearbeiten zu lassen?

Clelia Sarto: Ich möchte, dass man mir mein Leben ansieht. Jede Träne, jedes Lachen, jede Sorge – das ist, was ich sehe, wenn ich in den Spiegel schaue. Und ich mag das. Ich trage das Portrait meines Lebens in meinem Gesicht. Genau das will ich zeigen, weil ich ganz viel zu erzählen habe.

Als junge Frau war ich oft unsicher. Ich hatte das Gefühl, mich verstecken zu wollen und deshalb kam mir die Bildbearbeitung gerade recht. Das hat sich im Laufe meines Lebens zum Glück verändert. So auch in meinem Job: Ich habe heute große Lust Frauenrollen zu spielen, denen man ihr Leben ansieht. Und das sind auch die Figuren, die ich mir heute bewusst aussuche.

Ich höre immer noch oft, dass es für Schauspielerinnen ab 40 eine Herausforderung ist, gute Drehbücher angeboten zu bekommen. Wie ist deine persönliche Erfahrung?

Es gibt mittlerweile großartige Hauptrollen für Frauen jeglichen Alters, worüber ich sehr froh bin. Die letzten Jahre haben vieles ins Positive verändert – nicht nur in der Filmbranche. Aber da ist noch viel Luft nach oben. Frauen über 47, machen einen verdammt großen Teil der Bevölkerung aus – stell dir vor, wir könnten ihre Geschichten erzählen! Persönlich hilft mir meine Lebenserfahrung dabei, meine Figur besser kennenzulernen und tiefer in sie eintauchen zu können – sie zu hinterfragen, um sie zu verstehen. Je besser mir das gelingt, desto einfacher kann ich sie spielen. Hier kommt mir das Älterwerden zugute.

Wir leben ja insgesamt gerade in Zeiten von großen gesellschaftlichen Veränderungen. Wie geht es dir damit?

Ich merke, wie viele Menschen sich manchmal machtlos fühlen und das beschäftigt mich. Mir persönlich hilft der Glaube an den Schmetterling, der mit einem kleinen Flügelschlag großes bewirken kann.

Wir selbst können so viel verändern. Das fängt schon bei den eigenen Gedanken an: Was lasse ich in meinen Kopf, mit wem unterhalte ich mich, womit beschäftige ich mich – da beginnt Entwicklung für mich. Natürlich bedeutet der Weg zu mehr Vielfalt und einer freien Gesellschaft, auch Kämpfe zu führen. In eine Selbstverständlichkeit zu kommen, das wäre mein Wunsch und das ist das Ziel. Wenn man sich hingegen die Situation der Welt anschaut, haben wir das riesengroße Privileg, unsere eigene Meinung sagen zu können, auszusehen wie wir wollen und zu lieben, wen wir wollen. Diesen Luxus haben viele Menschen nicht: Deswegen ist es wichtig, dass wir uns füreinander einsetzen.

„Wir selbst können so viel verändern. Das fängt schon bei den eigenen Gedanken an: Was lasse ich in meinen Kopf, mit wem unterhalte ich mich, womit beschäftige ich mich?“

Clelia Sarto

Wir sind beide Mütter von Töchtern, was ja heißt, jeden Tag Vorbild zu sein. Das finde ich nicht immer so leicht. Wie machst du das?

Meine Tochter ist jetzt 17, ich liebe und genieße unsere Gespräche und Auseinandersetzungen. Allerdings hält sie mir täglich einen Spiegel vor und bringt mich ständig an den Punkt, mich selbst zu hinterfragen – wofür ich stehe, was ich denke, wie ich sein will…

Und weil wir ja gerade auch über das Älterwerden sprechen: Irgendwann fragte mich meine Tochter: „Mama, bin ich gut so, wie ich bin?” – „Ja natürlich bist du richtig, so wie du bist”, meinte ich und mir wurde klar, dass ich ihr das nur sagen kann, wenn ich das selbst auch über mich denke. Das war der Moment, an dem es mir ganz bewusst war: Darum möchte ich mich mehr und mehr bemühen.

Um uns selbst zu akzeptieren, machen wir im Laufe des Lebens so einiges durch…

Oh ja, das ist zum Beispiel der Kampf gegen den eigenen Körper. Ich habe früher wie wahnwitzig Sport gemacht. Mein Highlight: Spinningkurse morgens um sieben, vier-bis fünfmal die Woche. Man sitzt auf einem festgeschraubten Fahrrad bei Hardcore-Techno und wird dabei angebrüllt, sich gefälligst zusammenzureißen. Ein ziemlich hoher Preis für einen muskulösen Body. Verrückt, oder?

Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek

„Irgendwann fragte mich meine Tochter: ‚Mama, bin ich gut so, wie ich bin?“

Clelia Sarto

Und was hat dir deinen Frieden gebracht?

Irgendwann kam zum Glück Yoga in mein Leben. Ich lernte liebevoll mit meinem Körper und Geist umzugehen. Mein Schlüsselerlebnis war dann allerdings beim Tango. Ich tanze seit vielen Jahre Tango. Irgendwann sagte mein Tanzpartner zu mir „Ich weiß nicht, was du genau verändert hast, aber ich habe das erste Mal das Gefühl, nicht mehr gegen dich zu kämpfen, wenn ich mit dir tanze“. Da war mir klar: Das ist der richtige Weg, so möchte ich leben.

Wie hilft dir Yoga dabei?

Es ist natürlich toll, dass man einen schönen, starken Körper bekommt. Ab einem bestimmten Alter ist es jedoch wichtiger, beweglich zu bleiben – nicht nur mit dem Körper, auch im Kopf. Das gibt mir Yoga. Aber nichts gegen Fitnessstudios, schlussendlich ist es egal, was man macht, Hauptsache es tut Körper und Seele gut.

Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek

„Mein Schlüsselerlebnis war beim Tango, als mein Tanzpartner sagte: ‚Ich weiß nicht, was du genau verändert hast, aber ich habe das erste Mal das Gefühl, nicht mehr gegen dich zu kämpfen, wenn ich mit dir tanze.“

Clelia Sarto
Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek
Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek
Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek

Wir kämpfen ja nicht nur gegen unseren Körper. Oft sind wir auch hart anderen gegenüber. Wie kommen wir zu mehr Solidarität unter Frauen?

Es fängt erst mal bei uns selbst an. Ich möchte durch dieses Leben mit einem offenen Herzen gehen. Ich möchte alles spüren, mich und andere, was auch heißt, sich verletzlich zu zeigen. Das ist meine persönliche Entscheidung. Was wäre denn auch die Alternative? Dicht machen und nicht in der Lage zu sein, andere zu sehen und ihnen zuzuhören. Ich bemühe mich, mit Freundlichkeit, Güte und Offenheit auf andere zuzugehen. Um ehrlich zu sein, gelingt mir das natürlich auch nicht immer.

Ich glaube, es ist gut, sich mit dieser Grundhaltung auf den Weg zu machen, denn so können wir Realität verändern – in unseren Familien und Freundschaften oder auch im Supermarkt. Und natürlich auch unter uns Frauen, denn so können wir einander den Rücken stärken. Das gilt es zu kultivieren.

Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek

„Gespräche unter Frauen inspirieren mich und machen mir Mut

Clelia Sarto

Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek

„Es ist nie zu spät, völlig unabhängig vom Alter, sein Leben zu verändern. Es kann jederzeit etwas tolles Neues passieren, wenn wir offen sind“

Clelia Sarto
Clelia Sarto, fotografiert von Markus C. Hurek
Clelia Sarto, fotografiert von Markus C. Hurek
Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek

Diese positive Energie unter Frauen haben wir ja gemeinsam beim HEYDAY-Community-Dinner erlebt…

Ja, das war ganz wunderbar. Diese Art von Gesprächen unter Frauen inspirieren mich und machen mir Mut. Sie zeigen mir, dass es nie zu spät ist, völlig unabhängig vom Alter, sein Leben zu verändern. Es kann jederzeit etwas tolles Neues passieren, wenn wir offen sind.

Nach unserem gemeinsamen Fotoshooting ging mir ein Satz von dir nicht mehr aus dem Kopf: „Wir sollten viel mehr JA sagen”. Was meintest du damit?

Es gibt so viele kluge Bücher über das Nein-Sagen. Wir lernen unser ganzes Leben Grenzen zu setzen, wobei es sicherlich auch gut ist, gerade als Frau ein starkes Nein zu haben, um sich und seine Bedürfnisse zu schützen. Doch ich glaube, irgendwann braucht es den Punkt, dass sich das Nein in ein Ja verwandeln darf. Es geht darum, das für sich selbst neu zu formulieren, was nicht immer so leicht ist. Aber was ich nicht will, weiß ich ja bereits. Was ich will, das ist doch das Spannende. Ein Ja kann uns neue Wege gehen lassen.

Clelia Sarto und Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek
Die Stimmung beim Foto-Shooting war sichtlich entspannt. Alle Fotos: Markus C. Hurek


Clelia Sarto (50) ist eine deutsche Schauspielerin italienischer Abstammung. Ihre Schauspielausbildung absolvierte sie an einer Kölner Schauspielschule, zudem nahm sie Schauspiel- und Gesangsunterricht bei renommierten Lehrern aus den USA. Clelia lebt in Berlin und hat bislang in über 70 Filmen und TV-Serien mitgewirkt.

Markus C. Hurek

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Markus C. Hurek (50) fotografiert leidenschaftlich gern, und am liebsten Menschen, oft bekannte Persönlichkeiten. Nach vielen Ausstellungen und der Publikation diverser Bücher wird er aktuell von der Galerie Noir Blanche in Düsseldorf vertreten.

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Exklusiv: Unser Live-Talk

Das ganze Interview gibt es in unserem Live-Talk auf Instagram zu sehen – geführt von Martina Davidson

HEYDAY-Beauty-Autorin Martina Davidson beleuchtet auf ihrem Instagram-Account ganzheitlich das Thema Schönheit. In unserer Interview-Reihe Ungeschminkt spricht sie regelmäßig mit spannenden Frauen. Die lockeren, intimen und intensiven Gespräche gibt es regelmäßig live auf Instagram. Es lohnt sich, HIER in den intimen Live-Talk mit Clelia Sarto reinzuschauen.

Martina Davidson, fotografiert von Markus C. Hurek
Martina Davidson

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