In einem Alter, in dem andere eher kürzer treten oder Gärtnern und Kochen, legte sich Lena Salmi (66) ein Skateboard zu.Im Heyday-Interview verrät die Finnin, warum es nie zu spät ist, mit dem Skateboarden anzufangen
Sie mag schwimmen, tauchen und Graffitis. Die ehemalige Sportjournalistin Lena Salmi war schon immer aktiv und interessiert. Als die quirlige Rentnerin aus Helsinki das Skateboarden für sich entdeckt, ist sie 63. Ein Alter, in dem andere eher kürzer treten oder sich Hobbies wie Gärtnern, Kochen oder Nordic Walking widmen. Doch Lena legte sich ein Skateboard zu. In erster Linie, weil es praktischer ist und sich nicht so leicht stehlen lässt wie ihr geliebtes Fahrrad. Was anfangs nur ein Fortbewegungsmittel für die Großstadt sein sollte, entfachte schnell eine neue Leidenschaft. Heute trainiert Lena bis zu fünf mal die Woche.
Fiel es dir nicht schwer, im Alter noch etwas komplett Neues zu lernen? Hinzu kommt, dass Skateboarden nicht gerade der leichteste Sport ist …
Klar, wenn man jung ist, steigt man einfach auf das Brett und fährt los, ohne groß darüber nachzudenken. Die Hemmschwelle ist geringer. Warum ich es empfehlen kann, auch im Alter etwas Neues zu beginnen? Man nimmt es gelassener. Ich stresse mich einfach nicht und vergleiche mich nicht mit Jüngeren. Warum auch? Ich habe ja keinen Druck.
Wie war das erste Mal auf dem Board?
Es war purer Spaß. Danach war ich unheimlich stolz. Skaten gibt mir Selbstbewusstsein.
Andere Töpfern, Backen oder Wandern. Was fasziniert dich am Skaten?
Um Himmels Willen! Sowas ist nichts für mich. Im Skatepark geht es nicht darum, wo du herkommst oder welchen Job du hast. Du kannst alleine hingehen und lernst immer jemanden kennen. Der Sport ist super kommunikativ. Außerdem ist die Skate-Szene sehr tolerant und unheimlich hilfsbereit. Mich sprechen sogar fremde Menschen an, zeigen mir ihre Tricks und helfen mir beim Üben. Keiner macht sich lustig oder ist genervt. Hier ist jeder willkommen, egal wie alt. Jeder unterstützt den anderen, niemandem muss etwas peinlich sein. Ich habe mittlerweile so viele Skate-Freunde. Das gefällt mir so am Skaten. Der Gemeinschfts-Aspekt!
Was rätst du anderen, die sich sowas nicht trauen?
Ich kann nur allen raten: Hört auf, Zuhause rumzusitzen! Das Leben findet draußen statt. Wenn dich etwas interessiert oder reizt, probiere es aus. Man lernt nie aus. Wenn du jemanden kennst, der sich nicht traut: Unterstütze ihn! Ich bekomme täglich Nachrichten von anderen, die mir danken, weil ich ihnen Mut mache mit meiner Geschichte. Das freut mich.
Wie erlebst du das Älterwerden?
Klar weiß ich, dass die Zeit kommen wird, in der ich nicht mehr skaten kann. Aber ich versuche im Hier und Jetzt zu leben und mir nicht so viele Sorgen um die Zukunft zu machen. Ich hatte noch nie mehr Spaß als heute. Viele Menschen denken, dass das Leben mit 40 vorbei ist. Andere gehen davon aus, dass das schöne Leben erst mit dem Renteneintritt beginnt. Das ist doch schade.
Älterwerden ist immer noch negativ behaftet. Wie können wir das ändern?
Im Time Magazin gab es mal eine Ausgabe mit dem Titel: Was bedeutet es, 100 Jahre alt zu werden? Wenn ich eine ältere Person sehe, schaue ich immer auf die Hände. Ich finde die Hände alter Menschen wunderschön. Sie zeigen das Leben. Ich möchte jüngere Menschen dazu ermutigen, gelassener zu sein. Wenn man jünger ist, versucht man oft, es allen Recht zu machen. Viele verbiegen sich, um dazuzugehören. Je älter man wird, desto mehr lebt man sein Leben. Man ist mehr bei sich und lässt sich nicht mehr so beeinflussen. Ältere Menschen entwickeln einen positiven Stolz.
Du bist auf Facebook und Instagram aktiv und deine Followerzahl wächst und wächst. Was hälst du von den sozialen Medien?
Ich trage kein Make-up, weil ich allergisch dagegen bin. Hinzu kommt, dass ich nicht mehr die Jüngste bin. Ich schäme mich nicht für meine Falten und verstecke nichts. Untypisch für die schöne, heile Welt von Instagram und Co. Meine Botschaft ist: Das bin ich und ich genieße mein Leben. Dazu gehört auch das Scheitern. Deswegen teile ich auch Videos, auf denen ich hinfalle oder einen Trick nicht schaffe. Nur so lernt man doch. Geld und Aussehen bringen dir am Ende nichts, wenn es dir schlecht geht. Sei einfach du selbst. Trau dich!
Was hat es mit den sozialen Projekten auf sich, die du unterstützt?
Drei Mal war ich bisher in Uganda, um beim Aufbau eines Skateparks zu helfen. Den Kindern dort fehlt es an vielen Dingen. Also bin ich mit einigen gespendeten Boards und Ausrüstung nach Afrika gereist und habe den Kindern dort eine Freude bereitet. Die Kinder dort beschweren sich nicht. Die glücklichen Gesichter der Kids waren das Größte für mich!
Gibt es noch etwas, was du vorhast?
Das ist dieses Mal ganz pragmatisch. Ich will an meinen Tricks arbeiten. Es ist echt schwer, sich auch nur einen Zentimeter vom Boden zu entfernen. Aber ich bleibe dran. Uns wird immer beigebracht, alles alleine hinzukriegen. Das war auch für mich ungewohnt. Was mich das Skaten gelehrt hat? Um Hilfe zu bitten und Hilfe anzunehmen! Das ist eine Win-Win-Situation: Ich fühle mich sicher und die anderen freuen sich.
„Hört auf Zuhause rumzusitzen. Das Leben findet draußen statt. Und kümmert euch nicht darum, was andere Leute denken oder sagen.“
Lena Salmi
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Fotos: Courtesy of Lena Salmi