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„Ich kleide mich sehr intuitiv und könnte mir niemals schon abends Klamotten rauslegen“

Michael Mann

Kerstin Geffert (52), Mitbegründerin der Berliner PR-Agentur Silk Relations, hat das Medium Instagram für sich entdeckt und inszeniert sich täglich mit inspirierenden Outfit-Kombinationen. Bei einem Besuch in ihrem Berliner Familien-Loft sprach sie mit HEYDAY über Style, unkonventionelle Mode und Interior-Design

HEYDAY: Liebe Kerstin, wenn ich mir deinen Instagram-Account ansehe, scheint es so, als wärst du einem David- Bowie-Song entsprungen. Liege ich da richtig? Verrätst du uns deinen Lieblingssong von Bowie?

Kerstin Geffert: Oh, das ist aber ein großes Kompliment! Ich war schon immer sehr fasziniert von David Bowie und das geht natürlich weit über seine Musik hinaus. Sein stilistischer Einfluss ist immens und meiner Meinung nach auch immer noch sehr aktuell. Außerdem sah er einfach unfassbar gut aus. Aber zurück zu deiner Frage: ich mag z.B. Moonage Daydream sehr gern.

Coole Frau in coolem Ambiente: Zuhause bei Kerstin Geffert

Von den Siebzigern bis zu den Nullerjahren – Trends, die du alle schon mal erlebt hast, sind heute ganz nach dem Motto anything goes wieder angesagt. Welche Epoche würdest du aus heutiger Sicht auslassen, und warum? 

Ich erinnere mich immer so schlecht, insbesondere nicht an Dinge, die mir nicht gefallen haben, haha. Eigentlich möchte ich nichts kategorisch ausschließen. Einzelne Elemente, Silhouetten, Farben oder Details kann man immer wieder neu bzw. zeitgemäß interpretieren…

Und welche Trends von damals lässt du heute gern wieder aufleben?

Die Neunziger haben immer einen Platz in meinen Herzen, das ist meine Core Silhouette. Gerade stehe ich aber auch (mal wieder) auf Seventies-Einflüsse wie Cord, sowie Braun und Grün in allen Nuancen.

Deine Outfits sind sehr experimentierfreudig und vor allem unkonventionell. Was ist dein Mode-Mantra? Welche Styling-Tipps hast du für Frauen, die sich auch etwas ausgefallener kleiden wollen, sich aber nicht trauen? 

Ich kleide mich sehr intuitiv und könnte mir niemals schon abends Klamotten für den nächsten Morgen rauslegen. Generell mag ich Brüche: also das Wechselspiel zwischen maskulin und feminin, chic versus abgerockt und auch ungewöhnliche Farbkombis. Und ich liebe Layerings, daher sind mir Herbst und Winter deutlich lieber als superheiße Sommertage. 

Wer etwas Neues ausprobieren möchte, sollte vielleicht nicht direkt mit der Silhouette anfangen, sondern mit kleineren Details und Accessoires – etwa ausgefallene Socken in offenen Sandaletten, geschnürte Hosenbeine, auffälliger Schmuck als Statementpiece zu einem ansonsten eher klassischen Look.

In ihrem Lieblingssessel, dem Egg Chair (nach einem Entwurf von Arne Jacobsen) von Fritz Hansen, entspannt die Kreative gerne. Nebenbei frönt sie dort ihrer Leidenschaft, dem Stricken und Häkeln – ein Handwerk, was sie bereits als Kind von ihrer Großmutter gelernt hat

Aus zwei Berliner Industrielofts schuf sich Kerstin mit ihrer Familie ein modernes offenes Heim mit Loft-Charakter

„Ich zeige die Teile meines Körpers, die ich mehr mag – statt den ganzen Tag an meinem bauchfreien Top rumzuzupfen”

Ab einem gewissen Alter soll man keine Mini-Röcke mehr tragen, keine engen Jeans usw. – was sagst du zu solch veralteten Styling-Regeln? Gibt es für dich etwas, das im Alter gar nicht geht? 

Generell bin ich kein großer Fan von Regeln, wenn es um Mode geht. Wer denkt sich sowas aus? Ich finde allerdings schon, dass der Stil sich dem Alter anpassen sollte. Die Mode bietet so viele Möglichkeiten, dass ich es schade fände, immer an einem Look festzuhalten. Meiner Meinung nach kann (und soll) Kleidung dazu dienen, sich auszudrücken und gut zu fühlen. Wenn ich bestimmte Teile meines Körpers mehr mag als andere, zeige ich demnach vielleicht eher die, als dass ich den ganzen Tag an meinem bauchfreien Top rumzupfe, wenn Du weißt, was ich meine.

„Wenn mir etwas nicht gefällt, kann ich sehr kompromisslos sein”

Wenn man dich kennt, erscheint es mir, als wäre die Einrichtung eures Zuhauses perfekt auf dich abgestimmt. Hatten deine Männer (Ehemann und Sohn) auch Mitspracherecht bei der Gestaltung der Räume?

Das sagst Du nur, weil Du meine Männer nicht so gut kennst… Sonst würdest Du sehen, dass zumindest die Einflüsse meines Mannes unverkennbar sind. Wolf liebt Technik und somit gehen Beamer, Sound, Boomboxes und all das voll auf seine Kappe. Auch die Unmengen an Büchern und Comics in unserem Regal sind größtenteils seine – von mir kommen mehr die opulenten Bildbände und Coffeetable Books. Auch bei der Kunst an den Wänden stimmen wir uns natürlich ab. Ich würde sagen, dass ich vielleicht häufiger die Impulse gebe. Und dass mein Mann toleranter ist: Wenn mir etwas nicht gefällt, kann ich sehr kompromisslos sein.

Hausbesuch bei Kerstin Geffert
Hausbesuch bei Kerstin Geffert
Hausbesuch bei Kerstin Geffert
Hausbesuch bei Kerstin Geffert
Hausbesuch bei Kerstin Geffert
Hausbesuch bei Kerstin Geffert
Hausbesuch bei Kerstin Geffert

Kerstin ist Kunstsammlerin – an ihren Wänden hängen zahlreiche Arbeiten, die meist von befreundeten Berliner Künstlern stammen

Kannst du uns etwas über den Prozess vom Kauf der Wohnung über die Planung bis hin zum Einrichten erzählen? 

Das ist eine sehr lange Geschichte, die schon vor rund 15 Jahren begann… Damals haben wir angefangen, über Wohneigentum nachzudenken und immer mal wieder Besichtigungen gemacht. Das zog sich über Jahre, bis wir dann irgendwann unser heutiges Loft entdeckten. Vom Kauf bis zum Einzug vergingen dann allerdings nochmal fast vier Jahre – die Zeit, in der ich graue Haare bekam vor lauter Sorge, der Bauträger sei pleite und unser Geld weg. Aber es gab dann doch ein Happy End, und jetzt wohnen wir seit rund sechs Jahren im Prenzlauer Berg. Unser Architekt Stefan Flachsbarth von bfs Design hatte tolle Ideen, den Grundriss betreffend, und wir sind nach wie vor total happy mit unseren Entscheidungen.

Die Einbauten wirken sehr durchdacht – wie verhalten sie sich im Alltag?

Ich liebe unsere Einbaumöbel. Sie sind praktisch, nehmen sich zurück und bieten somit Raum für Inszenierungen. Das Loft wirkt dadurch super großzügig. Nur im Badezimmer hat unser Architekt etwas tiefgestapelt, da hätten wir mehr verschlossenen Stauraum gebrauchen können. Aber wer kann auch schon ahnen, wie viele Cremes, Seren und andere Wundermittel man im Alter braucht?

Als Raumteiler dient ein Industrieregal, das mit einer zahlreichen Büchern und Bildbänden bestückt ist – auch Lieblingsstücke wie Vasen, und Skulpturen finden hier ihren Platz

„Ich mag gut gemachte Klassiker, die mit Avantgarde flirten”

Hausbesuch bei Kerstin Geffert
Hausbesuch bei Kerstin Geffert

Du liebst ausgefallenes Design – welche Designer in der Mode und auch im Interior-Design inspirieren dich?

Ich mag gut gemachte Klassiker, die mit Avantgarde flirten. Die handgemachte Vase von Idea Generale in Form eines Margiela Tabi Boots ist die perfekte Symbiose meines Geschmacks, würde ich sagen… haha.

Wie viel Berlin steckt in Eurer Wohnung?

Sehr viel. Das fängt bei der Deckenhöhe an, hört bei der Großzügigkeit nicht auf und endet bei den Berliner Künstlern wie Erik Schmidt, Wilhelm Beestermöller und Stefan Marx, deren Werke neben anderen unsere Wände zieren.

Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und faire Produktion beim Kleider- und auch beim Möbelkauf für dich? Wo kaufst du deine Möbel?

Unsere zwei Vintage Sessel (Egg Chair und Eames) sind vom Berliner Shop Chairs. Letztens war an Wolfs Sessel was kaputt, und der Inhaber von Chairs kam direkt vorbei, hat den Sessel abgeholt und repariert. Fand ich super. Unser Berber Teppich ist von Bohazel Berlin, auch den hat die Besitzerin persönlich bei uns vorbeigebracht. Vasen und kleinere Einrichtungsgegenstände finden wir auf dem Flohmarkt. Die Lampen sind alle von Dopo Domani bzw. Ruby

Bei Kleidung bemühe ich mich, bewusstere Entscheidungen zu treffen, um länger etwas von meinen Käufen zu haben. Früher habe ich viel impulsiver geshoppt als heute. Auch die Cost-per-wear Rechnung funktioniert ganz gut bei mir.

„Bei Kleidung bemühe ich mich, bewusstere Entscheidungen zu treffen, um länger etwas von meinen Käufen zu haben. Früher habe ich viel impulsiver geshoppt als heute.“

Wie schaffst du es, Wärme in einen cleanen, minimalistischen Raum zu bringen? 

Die Frage ist: Will ich das überhaupt? Ich mag clean und minimalistisch eigentlich sehr gern. Es ist eher so, dass Unordnung mich manchmal nervt und ich rigoros ausmisten muss. Ansonsten schaffe ich mir kleine Chaosinseln, die aber auf einen bestimmten Bereich begrenzt sind, wie z.B. mein Schmuck-Sammelsurium auf den Tabletts von Hay.

In Kerstins begehbarem Kleiderschrank, in dem sich neben Designer-Teilen auch Vintage-Schätze befinden, entstehen meist die Inszenierungen für ihren Instagram-Account.

„Mittlerweile erkläre ich den Kunden meiner Agentur, dass Frauen wie ich die perfekten Kundinen sind: loyal, finanziell meist besser gestellt als Jüngere, bewusster in unseren Entscheidungen und auch in der Lage, als Vorbilder zu dienen.”

Du bist auf Social Media sehr präsent. Wie siehst du die sozialen Medien als PR-Expertin und als private Person?

Ich liebe Instagram! Aus PR-Sicht sind Influencer im Mediamix mittlerweile gleichberechtigt mit klassischen Print- und Onlinemedien. Und liefern zudem häufig ja auch noch direkte, nachverfolgbare Kaufimpulse. Privat ist Instagram meine kreative Spielwiese, mein Hauptrecherche-Tool, und neue Freunde aus aller Welt habe ich auch bereits über meine Bubble kennengelernt.

Welche Fragen stellen dir deine Follower häufig? Worauf wirst du am häufigsten angesprochen?

Die meisten Reaktionen bekomme ich auf meine Strickkreationen. Viele scheinen überrascht zu sein, dass ich stricke, häkle und sticke. Für mich ist das ganz normal, ich habe das schon als Kind von meiner Oma gelernt. Meine Reels mit Outfit-Wechseln kommen auch immer ganz gut an. Unter dem Hashtag #wearstin sammele ich meine Looks, es sind mittlerweile fast 800.

Nach welchen Kriterien wählst du deine Kooperationspartner für Instagram aus?

Ich schaue einfach, ob ich eine (visuelle) Idee dazu habe. Ganz besonders freue ich mich, wenn Markenpartner mich finden, die ich zuvor gar nicht kannte, wie zuletzt zwei independent Brands aus Japan. Deren Outfits in meinem Berliner Kosmos zu präsentieren, bereitet mir großen Spaß.

Als ehemalige Werbetexterin und PR-Spezialistin arbeitest du sehr nah an der Industrie. Wie gehst du damit um, dass sich die Marken größtenteils immer noch an die jüngeren Zielgruppe wenden?

Ich sehe da ein langsames Umdenken und gehe ansonsten mit gutem Beispiel voran, indem ich meinen Kunden erkläre, dass Frauen wie ich die perfekten Kundinnen sind: loyal, finanziell meist besser gestellt als Jüngere, bewusster in unseren Entscheidungen und in der Lage, als Vorbilder zu dienen.

Was wäre Dein Appell an die Marken?

Just do it.

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Mit Fotograf Michael Mann war HEYDAY- Mitbegründer Thorsten Osterberger für die Homestory zu Besuch in Kerstins Berliner Loft

Über Kerstin Geffert

Seit 2005 leitet die gelernte Werbetexterin Kerstin Geffert gemeinsam mit ihrer Partnerin Silke Bolms die PR-Agentur Silk Relations. Mittlerweile bietet die Agentur neben klassischer Pressearbeit digitale Kommunikation, Content Kreation, Influencer Marketing sowie Live Communication, Event-Produktion und Konzeption mit Schwerpunkt auf internationalen Fashion-, Lifestyle- und Beauty Brands – eine eigene Abteilung kümmert sich vermehrt um nachhaltige Projekte. Zu ihren Kunden gehören neben Modelabels wie Levis, Bash, und Essentiel Antwerp auch kommerzielle Marken wie S.Oliver oder Lego. Mit ihrem Mann und Sohn lebt und arbeitet die Kreative in Berlin. Seit ein paar Jahren hat sie die Plattform Instagram entdeckt und überrascht täglich mit coolen Posts und Videos – als Mikroinfluencern kooperiert sie mittlerweile mit tollen Marken. HEYDAY liebt ihren Style!

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So inszeniert sich Kerstin auf Instagram @kerstingeffert

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