Manuela coacht viele Frauen, vor allem auch solche über 50. Ihre Message: Sei die beste Version deiner selbst!
Manuela Thoma-Adofo: Schriftstellerin. Ich habe mit fünf Jahren mein erstes Weihnachtsgedicht geschrieben und habe seitdem nicht mehr aufgehört zu schreiben. Also ich hab’s voll durchgezogen.
Das ist aber auch die Einzige – ich habe zwischendrin tausend andere Sachen gemacht. Aber letztendlich bin ich Schriftstellerin geworden. Bei meiner Einschulung konnte ich bereits schreiben. Ich hatte ältere Geschwister und meine älteste Schwester, Carmen, hat im Gegensatz zu mir ein Abi mit 1,0 hingelegt. Ich war da ein bisschen differenzierter in meinen Noten. Von ihr habe ich am Anfang einfach alles mitgelernt. Die deutsche Sprache war immer meins. Deswegen könnte ich auch nicht dauerhaft das Land wechseln. Es wäre kein Problem in anderen Ländern zu kommunizieren. Aber meine Ausdrucksweise ist auf Deutsch einfach so, dass ich mich am besten erklären, mich selbst am besten im Geschriebenen wiederfinden kann.
Ich stand in so vielen Ländern vor der Kamera, lief für Yves Saint Laurent und Louis Feraud auf dem Laufsteg und war trotzdem immer ich selbst. Sich auf das Äußere reduzieren zu lassen ist definitiv der falsche Ansatz. Wenn mir jemand heute sagt, Modeling wäre oberflächlich, dann erwidere ich, dass ich diese Oberfläche nutze, um so lange damit zu wedeln, bis jeder guckt. Und dann lenke ich die Aufmerksamkeit dahin, wo ich sie brauche. Und das ist zum Beispiel die Hospizhilfe oder es sind meine Bücher – je nachdem, worum es geht.
Weder mein Leben noch das eines anderen Menschen war immer nur Sonnenschein. Das gibt es nicht. Also wer sagt: „Ich war jeden Tag glücklich und mir ist nie was passiert”, dem wünsche ich, dass es so ist und dass das vielleicht tatsächlich so empfunden wird. Aber es kann kaum so gewesen sein. Auch in meinem Leben sind neben schönen auch einige unschöne und sehr schmerzhafte Sachen passiert, an denen man entweder zerbrechen oder wachsen kann. Aber trotz allem formen einen solche Erfahrungen.
Wenn man unschöne Sachen wie zum Beispiel Missbrauch, Gewalt und Tod erlebt, dann kann man das entweder in Wut und Aggression packen oder man kann daraus lernen. Genauso, wie ich etwa beim Schauspielunterricht mit Situationen konfrontiert wurde und diese dann darstellen oder verarbeiten musste. Natürlich könnte man auch Hass entwickeln. Oder man kann ganz viele kleine Sachen in seinem Umfeld besser machen. Eben auch dadurch, dass man sie erkennt. Ich versuche einfach alles, was mir passiert ist, und alles was mein Leben ausmacht, für etwas Gutes zu nutzen. Und ich rede auch darüber. Wenn ich Frauen coache oder berate, gerade auch solche in meinem Alter, dann sage ich: „Hey du, es mag sein, dass dein Hintern fünf Zentimeter weiter unten hängt als mit 20. Aber guck dir mal dein Strahlen an. Wenn du lachst, dann geht die Sonne auf. Nimm das bitte wahr. Das ist unvergleichlich schön!”
Wir haben so unfassbar viel mehr als das, was wir nicht haben. Und wenn wir uns dies bewusst machen, dann können wir eigentlich sehr glücklich sein.
„Wir haben so unfassbar viel mehr als das, was wir nicht haben. Und wenn wir uns dies bewusst machen, dann können wir eigentlich sehr glücklich sein.”
Indem ich dankbar bin. Weil ich doch so viel habe in diesem Leben. Ja, ich hatte einen Herzinfarkt, bin immer wieder mal Schmerzpatient und einiges mehr – aber ich kriege immer noch Jobs. Ich kann immer noch tanzen. Immer noch Sex haben. Lachen, glücklich sein. Ich bin glücklich und gesegnet mit dem, was ich habe, was ich kann und bin. Wenn es natürlich mein Lebensziel wäre eine zweite Marylin Monroe zu sein, hätte ich schlechte Karten. Das wäre schlicht und ergreifend aussichtslos. Ich kann immer nur die beste Version meiner selbst sein. Aber natürlich gibt es auch andere Tage, da kriege ich trotz allem Selbstbewusstsein nicht die Kurve und gehe mir selbst auf den Keks. Aber meistens bin ich zufrieden mit mir und meinem Sein.
Reden hilft! Manuela redet offen über all die Erlebnisse in ihrem Leben
Das ist heute nicht leicht und das war damals auch nicht leicht. Ich war erst dreizehn Jahre alt. Damals war es so, dass Tätern eine Therapie zugebilligt wurde. Den Opfern aber nicht. Das ist eine ziemlich kranke Situation, finde ich. Es war wohl tatsächlich so, dass ich das Erlebte von mir distanziert habe – quasi in eine andere Person reingepackt habe. Und dann haben diese andere Person und ich das gemeinsam aufgearbeitet.
Nicht wirklich. Nein, das habe ich tatsächlich alles mit mir selbst klar gemacht. Aber bei allem Klargemacht-haben: Ich rede auch darüber. Häufig reicht es schon, wenn ein Kind „nein” sagen lernt. Ich konnte als Kind und Jugendliche nicht „nein” sagen. Ich war so auf Gehorsam gebürstet und habe mich total schwergetan. Ich dachte immer „nein“ sagen ist ganz garstig und böse. Dabei heißt es einfach „lass mich in Ruhe!“
„Ich versuche einfach alles, was mir passiert ist, und alles was mein Leben ausmacht, für etwas Gutes zu nutzen”
Ich rede offen darüber. Wenn ich nur einem einzigen Mädchen dabei helfe, sich nicht nur im Nachhinein zu wehren, sondern diese Stärke zu haben, um zu sagen „Sekunde mal!“. Dann habe ich alles richtig gemacht. Darüber reden ist so wichtig! Das gilt übrigens überall. Seit mein Buch über die langjährigen Erfahrungen als ehrenamtliche Sterbebegleiterin veröffentlicht ist, bekomme ich viele Nachrichten von Leuten, die das Buch neben sich liegen hatten, als jemand gestorben war. Eine Frau hat mir geschrieben, sie sei acht Jahre lang mit Schuldgefühlen ins Bett gegangen und mit Schuldgefühlen aufgewacht, weil sie beim Tod ihrer Mutter nicht da war. Dann hat ihre Tochter ihr mein Buch gegeben. Sie wollte es erst gar nicht lesen. Hat es dann aber doch getan – und ist das erste Mal ohne Schuldgefühle eingeschlafen. Sie war total glücklich. Wenn das, wenn all mein Tun und das Schreiben darüber bewirkt haben, dass diese Frau nicht mehr mit Schuldgefühlen einschläft und aufwacht, dann hat sich das schon gelohnt.
Ich kann nur sagen: Macht die Mädels stark! Macht die Jungs stark! Macht die Kinder stark! Ja, auf beiden Seiten. Wenn die Jungs das Selbstbewusstsein haben, dass sie richtig coole Jungs sind – egal was sie machen und wie sie sind – , dann müssen sie sich nicht an falschen Stereotypen orientieren und etwas werden, was sie gar nicht sind. Für den Hospiz-Verein war ich auch häufig in Schulen. Am Anfang waren die Kinder total verunsichert von den Themen Tod und Hospizhilfe. Aber zum Schluss haben wir gemeinsam wegen dem Tod eines Hamsters geheult. Der Junge, dem der Hamster gehörte, erzählte, wie sehr ihn der Tod seines Haustiers getroffen hat und dass er aber nicht darüber weinen durfte. Denn generell ist es ja immer noch so: Männer weinen nicht! Und Mädchen müssen dieses und müssen jenes. Und wenn ein Mädchen Rosa tragen will, dann ist das natürlich auch okay. Die Kinder müssen sich entscheiden dürfen und die Entscheidung sollte akzeptiert werden.
Du kannst „nein” sagen. Und: Sag’ was du willst. Sag‘ vor allen Dingen, wenn du etwas nicht willst. Viele Menschen wissen gar nicht, was sie wollen. Aber sie wissen sie sehr genau, was sie nicht wollen. Dann sage bitte schön das, was du nicht willst. Wenn meine Tochter jemandem eine Abfuhr erteilt, dann ist der bis in die Steinzeit erst mal weg von ihr. Ihre Stärke macht mich stolz.
Wichtigste Lektion laut Manuela: Nein zu sagen!
Dass man immer wieder etwas Neues anfangen kann. Sie hat sich und ihre Kinder mit aller Kraft durch gute und ziemlich schlechte Zeiten gebracht. Sie ist stark, liebevoll und weiß um ihre Fehler. Sie gab und gibt noch immer ihr Bestes. Irgendwie hat sie es geschafft, dass es immer weiterging. Heute gelingt es ihr, trotz ihrer mittlerweile 78 Jahre, sich immer wieder neu zu erfinden. Sie war immer schon Künstlerin und ist jetzt u.a. mit ihrer Hühnerbild-Serie („Ein Huhn kommt selten allein“) ziemlich erfolgreich. Meine Mutter ist ein echtes Vorbild dafür, dass man immer wieder was Neues anfangen kann – egal wie alt man ist. Egal, ob Mann oder Frau. Und wir ziehen am selben Strang, wenn es darum geht, andere Frauen darin zu unterstützen, dass es nie zu spät für irgendwas ist. Das hat sie uns Kindern und ihren Enkeln mitgegeben.
Das war nicht ihre Schuld. Ich war das dritte von vier Kindern. Alle waren toll, aber jeder hatte auch irgendwie eine Rolle. Meine älteste Schwester war superschlau. Mein Bruder war der einzige Junge. Meine kleine Schwester war die süße Kleine und ich wusste nicht so recht, wer ich war. Da ich mit fünf Jahren zu modeln begann, versuchte ich es eben auf diesem Weg. Hübsch und gehorsam. Schnell war mir klar, dass Lächeln und Nicken allemal fotogener ist, als Kopfschütteln und mit dem Fuß aufstampfen. Und so war einfach dieses „Sei hübsch!“ das Leitmotiv. Meine Rolle. Wenn du in den Neckermann-Katalog guckst, da siehst du kein garstiges Kind. Das war meine Orientierung: Wenn du lieb bist, dann machst du einen guten Job. Dadurch war ich auch so gut als Kindermodel. Und wenn du kindgerecht „nein” sagst und heute keine Lust hast oder erst mal nicht willst, dann machst du keinen guten Job. Und du bekommst vielleicht auch keinen mehr.
„Kinder müssen sich entscheiden dürfen, und die Entscheidung hat akzeptiert zu werden. Deswegen: Macht die Kinder stark – Mädchen und Jungs!”
Weil ich alleinerziehend war, musste ich meine Kinder so erziehen, dass ich sie überall hin mitnehmen konnte. Denn als scheinbar Nicht-Deutsche alleinerziehende Mutter wird einem generell ziemlich viel unterstellt nach dem Motto: Es kann ja nur schieflaufen. Meine Tochter konnte schon mit zwei Jahren auf dem Hochstuhl mit Serviette, Gabel und Messer hantieren. Meine Kinder konnten immer „danke” und „bitte” sagen. Aber meine Tochter war trotz allem immer noch ein kleines Mädchen, das auch mal nicht wollte, und das war okay. Meine Kinder durften immer sein, wie sie waren – und genau das ist einfach super wichtig.
Weil es blödsinnigerweise immer darum geht, dass „schön“ zu oft mit „jung“ verwechselt wird. Allein dieses ständige „50 ist das neue 30“. Das ist doch Blödsinn. Wir müssen doch nicht jung oder jünger sein, um toll zu sein. Wir waren schon 30 und 40. Wir sind in den Fünfzigern und wir sind gut, schön und erfolgreich. Wir werden keine Kinderstars mehr. Aber ansonsten haben wir noch unfassbar viele Möglichkeiten großartig zu sein.
„Wir müssen doch nicht jung oder jünger sein, um toll zu sein.“
Braucht man nicht sein gesamtes Leben über Humor? Es gibt Dinge, die werden besser im Alter. Es gibt Dinge, die werden ein bisschen fieser. Und es gibt Dinge, die erinnern dich lautstark daran, dass du es nicht mehr so fix wie mit 19 angehen sollst mit dem aus oder ins Bett Hüpfen. Meine Knie zum Beispiel oder meine Wirbelsäule.
Humor ist eine wichtige Komponente in Michaelas Leben und auch in ihrer Arbeit als Autorin, Coach und Sterbebegleiterin
Die Wünsche – wenn es denn welche gibt – sind absolut unterschiedlich. Ein älterer Herr, den ich über sein Leben hinaus begleitete, wünschte sich eine Zigarre, Bier und Spare Ribs. Nachts um 2.30 Uhr. Nach einem kurzen Telefonat war klar, dass ich die Spare Ribs von einer Kollegin geliefert bekäme (wohlgemerkt mitten in der Nacht).
Ich sagte dem Herrn, dass ich auch den Rest besorgen würde, wenn er mir verspräche, noch da zu sein, wenn ich in ein paar Minuten zurück käme. Er wusste genau, was ich meinte, lächelte und sagte zu. Also fuhr ich zur Tanke, holte Bier und eine Zigarre. Als ich zurückkam, war er immer noch wach. Das Bier gab ich ihm tropfenweise mit einem Strohhalm, denn er konnte nicht mehr trinken. Die Spare Ribs zog ich über seine Zunge, denn essen konnte er auch nicht mehr. Und den Rauch der Zigarre pustete ich ihm ins Gesicht – auch hierfür war er zu schwach. Der Mann starb wenige Stunden später. Aber er starb glücklich. Und mich hat es glücklich gemacht, ihm seine Wünsche erfüllen zu können. Das ist Nächstenliebe. Liebe. Quasi meine Mission.
„Nächstenliebe und Liebe – das ist meine Mission“
Oh ja. Zum Beispiel als ich wie ein Vorwerk-Staubsauger an der Zigarre zog, weil es mein erstes Mal war. Da haben wir schon gelacht.
Natürlich heule ich manchmal Rotz und Wasser, wenn jemand geht. Aber im Großen und Ganzen kann ich den Lauf der Dinge akzeptieren. Es ist immer so, als ob ein Stückchen von dir abbricht, wenn jemand geht. Mal ein großes, mal ein kleines Stück. Und das, was nachwächst macht mich zu der, die ich bin.
Akzeptiert, dass ihr endlich seid. Und dann lebt. Wer das begriffen hat, schlägt sich nicht mit unnötigen Streitereien und falschen Eitelkeiten rum. Das macht echt happy.
Darauf, zu erkennen, dass sich jede Lebensphase zu leben lohnt. Wenn jemand sagt „Das lohnt sich nicht mehr, ich habe ja nur noch höchstens zehn Jahre“ frage ich, ob sich die Jahre zwischen 10 und 20, zwischen 30 und 40 usw. dann alle nicht gelohnt haben? Denn es waren ja auch „nur“ 10 Jahre. Man lebt bis zuletzt.
Dankbarkeit und Liebe. Wenn du alles, was dir passiert als Geschenk siehst – und ja, es gibt auch Geschenke, die hätte man lieber nicht bekommen – dann bleibt immer die Dankbarkeit. Und ich bin ein sehr dankbarer Mensch.
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Manuela Thoma-Adofo wurde 1967 als Tochter eines ghanaischen Arztes und einer deutschen Künstlerin in Leipzig geboren, als Kind lebte sie einige Zeit in England und studierte in Eastbourne an der Young Actors School Schauspiel und Tanz, später absolvierte sie zusätzlich ein Studium der Medientechnik. Sie arbeitete bei Radiostationen in Baden-Württemberg und Bayern in den Bereichen Moderation, Redaktion und Technik, es folgte eine freiberufliche Tätigkeit als PR- und Marketingberaterin für inländische Unternehmen. Darüber hinaus schrieb sie diverse Film-Drehbücher und gewann 2018 die Wahl zur Miss 50plus Germany. Heute arbeitet Manuela als Autorin, die bis dato elf Bücher veröffentlicht hat, sowie als Coach, Keynote Speaker und Fotomodel. Seit 25 Jahren engagiert sich die 54-Jährige überdies als Hospizhelferin – ihre Erfahrungen hat sie in dem Buch Auf dem Weg, den niemand kennt verarbeitet.
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