Modedesigner, preisgekrönter Koch, Autodidakt in allen Gassen – nun hat Sven Strasser auf seinem Landgut in Österrech eine Unisex-Duftlinie herausgebracht. Gemäß seines Mottos „natürlich natürlich” sind heimische Blumen und Kräuter aus seinem verwunschenen Garten die Hauptakteure der nachhaltigen Parfum-Kreationen. HEYDAY besuchte ihn in seinem kleinen Paradies …
Ein Blick in den paradiesischen Garten des Strasser Guts im österreichischen Weinviertel
HEYDAY: Lieber Sven, Deine kreative Laufbahn reicht vom Designer, der für namhafte Wiener Modeunternehmen kreiert hat, über den Gin-Destillateur bis hin zum Haubenkoch mit eigenem Restaurant. Wie hast Du zu Deiner neuesten Leidenschaft gefunden – den Parfums?
Sven Strasser: Grundsätzlich wollte ich Luxus-Naturkosmetik herstellen. Leider war das Budget für dieses enorm kostspielige Unternehmen nicht realisierbar. So wurde ich dank eines alten Interviews über meinen Gin aufmerksam darauf, dass ich eigentlich schon immer über Düfte und olfaktorische Gegebenheiten gesprochen habe. Bei der Gin-Herstellung kombiniere ich 50 Inhaltsstoffe, beim Parfum sind es eben 200-300, aber der Zugang ist ein ähnlicher.
Hilft Dir auch Deine Erfahrung als Koch beim komponieren Deiner Parfums?
Die Arbeit in der Küche hat mir geholfen noch differenzierter mit Düften umzugehen. Was für eine Wirkung Düfte auch beim Essen haben und wie wir uns davon steuern lassen. Als einziges Sinnesorgan das direkt mit dem Gehirn interagiert haben die Gerüche in der Küche mich einfühlsamer in Bezug auf einzelne Elemente werden lassen. Heinz Reitbauer sagte einmal, ein perfektes Gericht ist wie ein Orchester. Einzelne Instrumente vereinen sich zu einem harmonischen Ganzen und zum richtigen Zeitpunkt werden sie betont und akzentuiert.
Jeder Deiner Düfte ist eine Hommage an einen bestimmen Tagesabschnitt in Deinem Garten des Strasser Guts. Welches ist deine Lieblingszeit in Deinem Garten?
Eindeutig der junge Morgen. Was aber auch daran liegt, dass ich diesen so selten erlebe, da ich sehr gerne länger schlafe.
Ein Garten braucht viel Pflege. Wie sieht es bei Dir mit der Gartenarbeit aus?
Grundsätzlich liebe ich diese meditative Arbeit. Es ist nur leider die Crux dabei: Wenn man im Frühling oder Frühsommer nicht jeden Tag brav arbeitet, kommt man nicht mehr hinterher und die Wildnis nimmt wieder Besitz vom Garten. Also entweder man hält ein Gartenjahr lang durch, oder man lässt es gleich sein.
Würde man all Deine Düfte übereinanderlegen, welche Note würde sich dabei im Vordergrund stehen?
Zeder- und Salbeinoten sind stark vertreten, so wie Iriswurzel
Stichwort Layering? Kann man Deine Parfums mischen und übereinander tragen?
Selbstverständlich. Ich selbst kombiniere eigentlich meist meine Düfte miteinander. Tagsüber verwende ich gerne 13 mit einem Schuss 19. Am Abend sehr gerne 22 mit 7.
Verrätst Du uns Deine Lieblingsblume?
Optisch ist es die Pfingstrose, vom Duft die Jude de Obscure (engl. Rose)
Der Garten des Strasser Guts besteht aus verschiedenen durchgeplanten Bereichen, dennoch steht Natürlichkeit im Fokus
Jeder der hangefertigten Flakons wurde aus heimischer Eiche produziert
Du hast als Haubenkoch ein feines Näschen. Ist das manchmal auch Fluch oder nur Segen?
Ich habe eine trainierte Nase würde ich sagen. Weit weg von Segen und Fluch, zumindest am Land.
Wie ist es eigentlich, die Welt mit so einer empfindlichen Nase zu erleben? Was lässt Dich lächeln, was erschaudern?
Die Düfte die an Autobahnraststätten vorherrschen gehören mit zu den schlimmsten Gerüchen. Frisches Brot, aber bitte kein synthetischer Duft aus einer Großbäckerei, erfreut mich sehr. Genauso der Duft von Tomatenblättern, der bei mir Kindheitserinnerung wachruft.
Was war bei der Entwicklung Deiner Düfte dafür ausschlaggebend, dass Du ausschließlich auf natürliche Inhaltstoffe zurückgreifst?
Da ich nie Produkte mit chemischen Inhaltsstoffe esse, bzw. großindustriell gefertigte Lebensmittel zu mir nehme, war dieser Schritt für diese Serie ganz selbstverständlich und klar. Nur natürliche Öle, Essenzen und Harze. Obwohl ich
mich nach interessanten Gesprächen mit Parfümeuren auch schon an synthetische Düfte und Aledhdye traue, zumindest damit ich weiß wie diese riechen und wie die Arbeit damit ist. Für Mein vergessener Garten wird jedenfalls niemals etwas Synthetisches in die Flasche kommen.
Verändert sich da gerade der Konsumanspruch beim Endverbraucher – zurück zum Guten, Qualität vor Quantität, etc…?
Ich hoffe es sehr, der Markt wird ja auch größer und expandiert in diese Richtung. Renommierte Firmen wagen sich schon in diesen Bereich vor, wenn auch meist nur marketingtechnisch. Ich würde mir hierfür mehr Transparenz und Nachhaltigkeit, wie etwa im Lebensmittelsektor, wünschen. Weg vom Konsumgut wieder hin zum Besonderen. Wenn ich 20 Düfte im Badezimmer stehen habe, kann ich diese gar nicht so schnell verwenden ohne das der Duft bricht, sprich von Natur ist hier nicht mehr die Rede. Sich wieder etwas zurück nehmen und überlegter einkaufen wäre da angebracht.
Du bist im schönen Allgäu aufgewachsen und hast dann 17 Jahre lang in der Großstadt Wien gelebt. Was war der Grund für den Schritt zum Umzug aufs Land?
Das fehlende Grün in unserem Bezirk und die Sehnsucht nach Ruhe und einem Garten. Entschleunigter und bewusster Leben.
Was bedeutet Heimat für Dich?
Heimat ist für mich immer dort, wo mein Mann und meine Hunde sind. Detailliert ist Heimat unser Haus und Garten. Hier haben wir unsere Wurzeln geschlagen, hier wollen wir sterben.
Wenn Du einen Duft für das Weinviertel, in dem Du lebst, kreieren dürftest, nach was würde er duften?
Das ist eine sehr komplexe Frage, da ich mich schon länger damit beschäftigt habe und noch keine eindeutige Antwort darauf habe. Ich habe mich dazu entschieden das Weinviertel mit zwölf differenzierten Blickwinkel zu sehen – in der Tat ein neues Projekt für 2021 …
Mein vergessener Garten #22 ist eine Komposition aus Bisameibisch, Wacholder, Patchouli, Limone und Geißblatt
Die Duftkollektion Mein vergessener Garten wird seit kurzem in Österreich in selektiven Parfümerien vertrieben
Was wirst Du außerdem tolles Neues kreieren? Auf was dürfen wir uns in naher Zukunft freuen?
Ich habe für unsere Marke Strasser Gut eine Duftkerze mit Bienenwachs aus Österreich mit dem Namen Zwischen den Zeiten entwickelt. Irgendwann wird es viele Kerzen geben, die den Duft des jeweiligen Monates im Weinviertel einfangen und transportieren. So riecht dann etwa der Dezember nach Fichte, Tanne, Balsamtanne, Pinie und Kiefer mit einem Hauch Sternanis, Tonkabohne und Mandarine.
#7: Rose, Zeder, Pfeffer, Pfingstrose, Lindenblüte
#13: Lavendel, Salbei, Lorbeer, Zypresse, Neroli
#19: Vetiver, Pinie, Jasmin, Angelika, Myrte, Beifuss
Die Pfingstrose – eine der Lieblinsgblumen von Parfümeur Sven Strasser
„Wenn man vor dem Frühstück durch den Garten wandelt, strömt einem der Duft unzähliger Rosen in die Nase: Rosa Damascena, Rosa Centifolia, Rosa Borbonica … Den Duft von Lindenblüten, Pfingstrosen, Schwertlilien und feuchtem Gras verströmt der Garten in der Morgensonne. Die Cockerspaniel rennen durch die feuchten Gehölze und erden den Augenblick mit dem Duft von Nadelgehözen und Moosen. Sechuanpfeffer verleiht der Szenerie noch etwas Würze. 7 Uhr im Garten, daher auch die 7 als Name des ersten Duftes.“
– Sven Strasser