„Ciao – ich mach’ dann mal Grau!”

Als Schwarzhaarige konnte sich Beauty-Expertin Margit Rüdiger nie vorstellen, mal mit grauen Haaren herumzulaufen – und das auch noch gut zu finden! Ihre Patentante, eine Schauspielerin, hatte sich mit 80 Jahren noch die Haare geschwärzt – wenn es mal schnell gehen musste, sogar mit Wimperntusche. Wahrscheinlich wäre es Margit auch so ergangen, hätte nicht ein Friseur aus Mailand ein aufregendes Haarexperiment angeregt …

Margit Rüdiger graue Haare
Die bekannte Beauty-Journalistin Margit Rüdiger schreibt auf ihrem Blog cultureandcream von ihren Reisen, neuen Treatments wie Massagen, Spa-Anwendungen und über Beauty-Produkte, über die es sich zu erzählen lohnt.

Fotos: up_n_co

Wie alles begann? In Wahrheit war ich es schon länger leid, die Ansätze in meinen naturschwarzen Haaren ständig nachfärben zu lassen oder mir zu Hause mit der schwarzen Farbe ab und an das Badezimmer zu versauen. Aber zu dem Entschluss, die grauen Strähnen rauswachsen zu lassen, bin ich erst nach langem Ringen mit mir gekommen. Früher dachte ich immer, graue Haare machen alt. Auch als „granny hair“ vor einigen Jahren Trend wurde, konnte ich mich nicht dafür erwärmen – denn ein junges Gesicht noch ohne Linien und Makel kann ja per se nicht alt aussehen. Aber Grau fand ich bislang nur an unserer Großmutter Elsa gut, und die trug wegen ihrer spanischen Abstammung immer eine Blautönung darüber.

Meine ersten, noch vereinzelten Grauen riß ich mir unverzüglich vor dem Badezimmerspiegel aus. Keine Lösung, wie ich bald feststellte. Es kamen neue dazu. Noch schlimmer, die Schläfenkonturen wurden hell und heller. Kaum vom Nachfärben beim Friseur zurück, zeigte sich schon wieder Nachwuchs. Um eine stets perfekte Kontur zu haben, wäre die Schwarz-Arbeit bald alle 14 Tage nötig gewesen. Trotzdem konnte ich mich nicht zu einem Farbwechsel durchringen. Noch weniger, nachdem mir ein langjähriger Freund und von Beruf Friseur davon abriet: „Nein, das steht dir nicht!“ Aber ich drängte auf Veränderung. Kurzzeitig experimentierten wir mit braunen Strähnen, die aber in meinen dunklen Haaren kaum zur Geltung kamen. Verunsichert und unzufrieden wurde weiter regelmäßig geschwärzt.

ERSTE SCHWIERIGE SCHRITTE

Den Kick-off bekam ich von einem Mailänder Friseur, den ich letzten Sommer über eine Bekannte in München kennenlernte. Als hätte er meine Gedanken gelesen, fragte Armano Gambino mich, ob ich schon mal darüber nachgedacht hätte, die Grausträhnen rauswachsen zu lassen. Das könnte sehr cool aussehen, meinte er, denn das einfarbige Schwarz würde doch sehr hart wirken, wie ein dunkler Helm. Wir vereinbarten für meinen nächsten Italien-Trip einen Termin in seinem Salon in Mailand. Etwas mulmig war mir schon dabei. Um mich nicht noch mehr zu verunsichern, diskutierte ich das Thema „Aus Schwarz wird Grau“, ganz entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, auch nicht mit Freundinnen. Als ich mich dann Mitte September auf den Weg nach Mailand machte, hatte ich immer noch den Satz meines Friseur-Freundes im Kopf „das steht dir nicht“. Die grauen Partien waren inzwischen fünf Zentimeter rausgewachsen, so wie es Armano verlangt hatte, um mit Farbe eingreifen zu können.

In seinem Salon in der Via Senato nahm ich reichlich nervös auf dem Stuhl Platz. Wie würde ich mit der Veränderung aussehen? Meine schwarzen Haare und roter Lippenstift waren jahrelang so etwas wie mein Markenzeichen gewesen. Und so wie beim Zahnarztbesuch die Zahnschmerzen wie weggeblasen sind, fand ich gerade an diesem Tag meine Haare, so wie sie waren, besonders schön. Aber kneifen? Nein, das wollte ich auch nicht.

Armano besprach mit mir die Vorgehensweise: „Um die grauen Strähnen, vor allem an den Schläfen, harmonisch an den Rest anzugleichen, kommen wir um eine Blondierung nicht herum“, erklärte er. Mit diesem Bleaching werden alle Farbpigmente aus dem Haar gezogen. Es bildet die optimale Basis für nachfolgende Farben, vor allem bei hellen Grau-Nuancen. Die Prozedur beansprucht die Haare jedoch stark, und wer Probleme mit Spliss hat, sollte sich die Behandlung genau überlegen. Da war ich mal wieder froh, dass meine Haare gesund und üppig sind.

Margit Rüdiger graue Haare Färben

So kannte man sie: Margit mit pechschwarzen Haaren

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FÜNF STUNDEN SPÄTER

Margit Rüdiger graue Haare Färben
Margit Rüdiger graue Haare Färben

Die Haare wurden in Passées geteilt, und die Strähnen einzeln auf Alufolie mit der Blondierung bestrichen. Im Spiegel sah ich einen Wust aus schwarzen Haaren und Silberfolie auf meinem Kopf. Gesamteindruck: immer noch schwarz. Nach Stunden und mehreren Espressi öffnete der Maestro immer wieder einige Folien, um nach dem Fortschritt der Blondierung zu sehen. Jedes Mal schüttelte er den Kopf. Noch nicht so weit, bedeutete sein Gesichtsausdruck. Je dunkler die Haarfarbe, desto schwieriger ist es, dass die Strähnen nicht zu gelbstichig werden. „Und schwarze Haare nehmen gern einen Rotstich an, den wir auch nicht wollen“, hatte er mir bereits vorab erklärt.

Dann endlich war es so weit. Die bestmögliche Bleachingstufe war fürs erste erreicht. Endlich wurden über dem Waschbecken alle Folien herausgenommen, die Blondierung gründlich ausgewaschen und die Haare mit Pflege versorgt. Mein erster Blick in den Spiegel. OMG! Die blondierten Strähnen hingen wie blasse Spaghetti in meinen Haaren. Armanos Begeisterung über das Ergebnis konnte ich in keinster Weise teilen. Es folgten Schnitt und Blowdry. Möglichst natürlich, bitte. Bloß nichts Gestyltes. Im trockenen Zustand mischten sich die „Spaghetti“ zwar harmonisch unter den Rest. Doch insgesamt erschienen mir die Haare viel heller als ich es erwartet hatte.

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NEUE FARBE, NEUER LOOK

Als ich kurze Zeit später in meinem Zugabteil zurück nach Hause saß, zog draußen bereits Dunkelheit auf. Ich sah mein Spiegelbild in den Fenstern und war mir völlig fremd. War das wirklich ich? „Come un tigre“, kommentierte mein Gegenüber, eine Italienerin, die mich neugierig musterte und wissen wollte, ob ich gerade beim Friseur gewesen sei. Sie fand die „tigermäßige“ Farbe toll, mir war sie zu schrill. Dieses Gefühl begleitete mich noch Monate lang.

Die Reaktionen meiner Umwelt waren da wesentlich positiver. Von „die hellen Haare sehen viel freundlicher aus“, „tolle Farbe“, „besser als das harte Schwarz“ bis hin „du wirkst um Jahre jünger“, bekam ich fast ausschließlich positive Kommentare. Mit der veränderten Haarfarbe änderte sich auch mein Look. Meine rotgeschminkten Statement-Lippen fand ich neuerdings zu aufdringlich, viele Lieblings-Outfits zu farbintensiv. Mein Kopf kam mir bunt genug vor mit den verschiedenen Blond- bis hin zu Orangetönen. Statt meinem geliebten Tilbury-Orangerot fühlte ich mich mit Rosenholz bis Violett auf den Lippen wohler. In Gesichtsnähe ertrug ich nur Einfarbiges.

Auch meine Haare brauchten mehr Pflege als früher. Das Aufhellen hatte sie stark beansprucht. Seitdem wende ich regelmäßig Haarmasken an, um sie mit Feuchtigkeit zu versorgen und Haarbruch zu vermeiden. Silbershampoos mindern den Gelbstich. Einen Vorteil hat die neue „Rauigkeit“ meiner vielen und damit schweren Haare. Sie besitzen ein enormes Volumen und fetten nie nach. Das Trockenshampoo, das ich früher ständig benutzen musste, um in die Ansätze Stand zu bekommen, macht erstmal Pause.

Margit Rüdiger graue Haare

Zwischenstand: blonde Strähnen in der schwarzen Mähne

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DIE REISE GEHT WEITER

Margit Rüdiger graue Haare Färben
Ein super Team: Margit und Haarkünstler Armano aus Mailand

Drei Monate später, kurz vor Weihnachten, war Armano wieder mal auf Besuch in München. Wir vereinbarten einen weiteren Blondierungstermin. Und was soll ich sagen: Absolute Begeisterung. Die Gelb- und Orangetöne waren verschwunden, der Hinterkopf ist durchgesträhnt und damit weniger schwarz. Die Strähnen an der Stirn hatten endlich genau den Silberton bekommen, den ich mir gewünscht hatte.

Den nächsten Farbtermin hatte ich im Februar. Meine natürlichen Silber-Schläfen gewinnen an Länge und fügen sich perfekt in die Blondierung ein. Und dann kam Corona. Im Gegensatz zu vielen anderen Frauen, die mit „Nachwuchs“ zu kämpfen hatten, fiel bei mir nicht auf, dass kein Friseurtermin möglich war. Inzwischen bin ich auch eins mit meinem „Salz und Pfeffer“-Look, wie ihn meine Freundin Barbara nennt. Ich finde meine grauen Strähnen cool und trage auch wieder farbige Mode. Kürzlich habe mir einen neuen orangeroten Lippenstift von Charlotte Tilbury gekauft. Manchmal werde ich noch gefragt, ob ich meine schwarzen Haare vermisse. Nein, keine Sekunde!

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Tipp: Für den Verwandlungsprozess sollte man unbedingt einen Profi aufsuchen. Wer sein graues Haar auffrischen, erhellen oder der Farbe einen Twist vereihen will, kann spezielle Graushampoos zuhause anwenden.

Margit Rüdiger graue Haare Färben

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