Einen Gang runterschalten!

Viele Frauen hadern in den Wechseljahren mit den Veränderungen ihres Körpers, hartnäckiger Bauchspeck ist nur eines der Symptome. Unsere Kolumnistin Bettina Homann kann ein Lied davon singen – sie empfiehlt ausgewogene Ernährung und vor allem die Reduktion der alltäglichen Stressfaktoren

Meine Lieblingsjeans geht nicht zu. Innerhalb weniger Wochen hat sich um die Mitte meines Körpers ein Fettring gebildet, obwohl ich nicht mehr gegessen habe als sonst. Zwar war mein Bauch seit Teenagerzeiten nie ganz flach, aber das hier ist etwas ganz anderes. Ein Ding, das ständig im Weg ist. Beim Yoga, beim Putzen – und beim Anziehen sowieso. Dieser Ring scheint so wenig zu mir zu gehören, dass ich ihn mir wie einen Cartoon-Chakrakter vorstelle, dem ich einen Namen gegeben habe: Darf ich vorstellen, Dr. Stubborn Bellyfat. Und was sind das eigentlich für kleine Runzeln in meiner Armbeuge? Und die Flecken auf dem Handrücken? Ich schwöre, die waren gestern noch nicht da.

Zwar wissen wir, dass unser Körper sich ständig verändert, seit wir die Striche am Türstock gesehen haben, mit denen unsere Eltern unser Wachstum dokumentiert haben. Die rapide Veränderung, die viele Frauen in den Wechseljahren erleben, kann aber ganz schon verstörend sein. Ich fühle mich zurzeit oft ein wenig desorientiert, so als hätte jemand über die Nacht die Möbel in meiner Wohnung umgestellt.

Ich ertappe mich dabei, dass ich Werbung für Wunderdiäten anklicke und Kalorien zähle. Was ist aus meinem Vorsatz geworden, gelassen und selbstbewusst zu altern? Ich wollte doch aufhören, mich an irgendwelchen Schönheitsidealen zu messen und die Veränderungen akzeptieren?

Das gelingt aber mir nicht so recht. Es scheint, als würden Gefühle von Unsicherheit und Unzufriedenheit mit meinem Aussehen wieder hochkommen, die ich überwunden geglaubt hatte.

Roberta Haze Instagram Heyday magazine
Roberta Haze
Foto: Instagram

„Ich lerne, dass auch intensiver Ausdauersport für den Organismus Stress bedeutet”

Bettina Homann

Zwar ist es in Zeiten von Body Positivity fast schon verpönt, zuzugeben, dass man mit seinem Körper unzufrieden ist, aber mein Ideal (wo immer es auch hergekommen sein mag) ist tief verankert – und es ist schlank. Und wenn ältere Frauen für ihre Schönheit gepriesen werden, sind das meist keine Matronen. Also doch etwas unternehmen.

Ich fange an, zu recherchieren. Über Hormone und Stoffwechsel, Ernährung und Bewegung. Ich lerne, dass Frauen in der Menopause besonders empfindlich auf Stress reagieren, dass Stresshormone zu Fetteinlagerungen führen und dass auch intensiver Ausdauersport für den Organismus Stress bedeutet.

Die Empfehlung, lieber einen Mittagsschlaf zu machen, als ins Fitness-Studio zu rennen, kommt mir entgegen.

Auch Spazierengehen statt Joggen finde ich gar nicht schlecht. Ich nehme mir 10.000 Schritte täglich vor und lerne meine Umgebung ganz neu kennen. Ich lerne, dass kurze intensive Workouts mit Gewichten die Ausschüttung von Wachtumshormonen und damit die Fettverbrennung anheizen und außerdem langfristig die Knochendichte erhöhen.

Ich esse mehr Eiweiß, weniger Süßes und lasse den geliebten Weißwein mal eine Weile weg – das bekommt auch dem Hirn ganz gut, das leider von hormonellen Veränderungen ebenfalls nicht unberührt bleibt (aber das ist eine andere Geschichte).

Tatsächlich bildet der Ring sich langsam zurück und ich fühle mich wohler mit mir selbst. In vielen Gesprächen mit anderen Frauen beobachte ich, dass es ein schmaler Grat ist zwischen angewandtem Selbst-Empowerment – das daraus besteht, aktiv etwas für Fitness, Figur und Selbstwert zu tun – und übermäßiger Selbstkritik dafür, dass man vermeintlich nicht fit und schön genug ist.

Was unsere individuelle Reaktion auf die körperlichen Veränderungen in den Wechseljahren angeht, gilt, wie sonst auch: Jede Frau ist anders und muss für sich herausfinden, wie sie mit der neuen Lebsphase umgehen kann und möchte.

Ob Hormonsubstitution, Botox, oder Haarefärben – wir sollten die Entscheidungen der anderen respektieren und uns gegenseitig unterstützen. Denn, Ladies: We are in this together!


Die Wissenschaftsjournalistin Bettina Homann (55) gründete den Blog Happster, auf dem sie sich mit Themen rund um das geistige Wohlbefinden beschäftigt und das Glück in all seinen Facetten erkundet.

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