„Manche Teilnehmerinnen könnten meine Kinder oder Enkelkinder sein“

HEYDAY: Liebe Barbara, wir kennen uns ja schon eine Weile über Instagram. Dort gibt es gerade eine Bewegung, die ältere Frauen jenseits der 50 feiert: das Pro Age Movement. Auch GNTM gibt in der aktuellen Staffel älteren Frauen die Chance, teilzunehmen. Was sagst du zu dieser neuen Alters-Diversität?

Barbara Radtke: Was ich zu dieser neuen Alters-Diversität sage? Ich kann nur sagen: Endlich! Wir sind doch die Frauen, die Zeit haben oder besser gesagt, die ihre Zeit einteilen können und auch das Geld haben, um sich modisch einzukeiden.

Wann hast du beschlossen, dich bei GNTM zu bewerben? 

Beim Finale der letzten Staffel hatte ich gelesen, dass sich nun auch ältere Frauen bewerben können. Noch am selben Abend habe ich mich hingesetzt, eine Bewerbung geschrieben und Fotos geschickt – das war wie eine Fügung. (lacht)

Nordlicht: Babs, wie sie von allen genannt wird, ist in Flensburg geboren und aufgewachsen

Du modelst ja schon eine ganze Weile – was gefällt dir an dieser Tätigkeit? 

Ich habe erst den letzten drei Jahren nach dem Tod meiner Mutter so richtig angefangen zu modeln. Was mir das Modeln gibt? Unbeschreiblich viel! Von meiner Jugend an war Modeln ein großer Traum von mir. Bei dieser Arbeit vergesse ich alles andere – ich liebe es einfach, mich vor der Kamera zu bewegen und Mode zu präsentieren. Das Modeln gibt mir Kraft und Lebensfreude.

Was war das für ein Gefühl, als älteste Teilnehmerin zusammen mit jüngeren Kolleginnen bei GNTM anzutreten? 

Das Gefühl war schon ein bisschen komisch – aber spannend und eine Herausforderung. Was ich gerne dazu sagen möchte, ist, dass meine Model-Kolleginnen bei GNTM sehr lieb und hilfsbereit sind. Es könnten meine Kinder sein oder bei manchen könnte ich sogar die Oma sein. (lacht)

Was bedeutet Schönheit für dich? Was findest du an anderen Frauen schön?

Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Die Ausstrahlung ist sehr wichtig, es gibt so viele hübsche Menschen. Wenn man zufrieden und glücklich ist, strahlt man es auch aus. Leider gibt es Menschen, die immer unzufrieden sind und immer was auszusetzen haben. Bedauerlicherweise spiegelt sich das in deren Gesicht wider.

Ich bin glücklich und dankbar, dass ich gesund bin. Wenn es mir mal nicht so geht – was ja ganz normal ist – dann mache ich einen Spaziergang in der schönen Natur und erfreue mich daran. Oder ich nehme mir irgendwas anderes Schönes vor, das mir Freude bereitet und mir Kraft gibt.

Was ich an anderen Frauen schön finde? Wenn sie eine ehrliche, liebe und positive Einstellung haben. Dann kann jede Frau in einer gewissen Art schön aussehen.

Wie stehst du zu den Themen Schönheitsoperationen und Perfektionismus?

Wie ich zu Schönheitsoperation stehe? Wo fange ich an und wo höre ich auf? Ich war immer grundsätzlich dagegen – ich selber bin nicht getackert und auch nicht gespritzt. Für mich hat die natürliche Schönheit höchste Priorität. Aber wenn man ein Problem hat, und mit dem eigenen Aussehen sehr unglücklich ist, dann ist das etwas anderes. Ich würde in diesem Fall grundsätzlich nicht „Nein“ sagen, aber sehr vorsichtig damit umgehen und überlegen, wie weit man gehen kann.

Das Thema Älterwerden ist in unserer Gesellschaft immer noch negativ behaftet. Man wird angeblich unsichtbar, hat nur noch gesundheitliche Probleme und auch kein Liebesleben mehr. Wie hast du das Älterwerden als Frau und Mutter in unserer Gesellschaft bisher erlebt?

Das Thema Älterwerden ist in unserer Gesellschaft wirklich für viele ein Problem. Warum? Es hat doch auch was Positives. Die Erfahrungen, die man gesammelt hat. Die Zeit, die man für sich hat, endlich das zu machen, was man immer schon gerne tun wollte. Natürlich können im Alter auch gesundheitliche Probleme kommen, aber oft genug kann man auch was dagegen tun. Zum Beispiel: Sport, Yoga, Ernährung, wandern, die Seele baumeln lassen, tanzen und lachen. Es kommt immer darauf an, was man aus seinen Leben macht. Wichtig ist, dass man keine schwerwiegende Krankheit hat. Die Gesundheit ist das Wichtigste, kleine Zipperlein hat jeder, mal mehr mal weniger. (lacht) Ich danke jeden Tag dem lieben Gott, wenn es mir gut geht.

Unsichtbar wird man im Alter ganz bestimmt nicht. Es kommt immer darauf an, was man aus sich macht und wie man den Menschen gegenübertritt. Damit meine ich die positive Ausstrahlung. Ich denke, dass man auch als ältere Frau von anderen gesehen wird. Man glaubt vielleicht nur, übersehen zu werden, weil alles so schnelllebig ist und viele Menschen gestresst sind.

Ganz allgemein mag ich es, jetzt im Alter einfach mal nur für mich selbst da zu sein. Und auch nicht immer nur zu lachen, sondern auch mal wütend zu sein. Das gehört dazu! An solchen Tagen bleibe ich lieber Zuhause und hoffe, dass es bald besser wird.

Klar kann sich das Liebesleben im Alter verändern, vor allem wenn man sehr lange verheiratet ist. Kann, muss aber nicht. Im Leben gibt es immer Veränderungen, nichts bleibt, wie es ist. Das macht das Leben spannend …  

In den Social Studios in Berlin trafen unter Berücksichtigung aktueller Hygiene-Bedingungen die Talkgäste ein: Die 29-jährige Musikerin und Musiktherapeutin Jennifer (oben) trifft auf HEYDAY-Chefin Stephanie Neubert (40, links).

Sportlich am Strand – Barbara liebt es, draußen in der Natur zu sein

Was sind für dich die positiven, was die negativen Aspekte des Alterns?

Das Alter hat mich nicht eingeschränkt, ganz im Gegenteil, es hat mir Mut gemacht und mich gestärkt. Ich denke, ich habe gar keine Zeit, um älter zu werden. Das Positive im Alter ist, dass man gute Erfahrungen, aber auch schlechte Erfahrungen gemacht hat. Gelernt habe ich dadurch, wer für mich wichtig ist und wer nicht. Bei vielen Themen muss ich immer noch lernen loszulassen, das ist manchmal schwer. Negativ ist für mich, wenn ich manchmal darüber nachdenke, wie viel Zeit mir wohl noch bleibt. Dann muss ich ganz schnell auf andere Gedanken kommen, denn ich möchte noch viel erleben.

Der Mensch ist wie eine Rose. Die Rose öffnet sich, blüht, sieht wunderschön aus und fällt dann langsam zusammen. Aber das ist das Leben, und deswegen müssen wir es genießen und lachen. Lachen ist die beste Medizin und bringt Energie.

Man sieht bei dir sofort, dass du von innen strahlst – wie machst du das?

Ich denke, das Strahlen entsteht durch meine positive Art und meine Fröhlichkeit, die ich von meiner Mutter geerbt habe. Ich bin dankbar und freue mich, dass ich gesund bin und ganz viele liebe Menschen – meine Freundinnen und meine liebe Familie – um mich habe. Zuhause bin ich ganz entspannt und laufe am liebsten in Schlabber-Sachen oder Jogginghose rum – Hauptsache gemütlich. (lacht)

Beweglichkeit kennt kein Alter: Barbara gönnt ihrem Körper regelmäßige Yoga- und Workout-Einheiten

Nicht jede Frau traut sich, so nach außen zu gehen. Was möchtest du anderen Frauen in deinem Alter, die Selbstzweifel und Ängste haben, mit auf den Weg geben?

Jede Frau ist anders belastbar. Um sie zu beraten, müsste man wissen, warum sie Selbstzweifel oder Ängste hat. Doch auch ich hatte auch schon Selbstzweifel und Ängste, deshalb kann ich das sehr gut nachempfinden. Ich habe sehr viele Höhen und Tiefen erlebt und musste mich oft durchkämpfen – doch das hat mich auch gestärkt! Wichtig ist eine Vertrauensperson, mit der man gut reden kann. Reden befreit und man sieht danach vieles ganz anders. Es ist auch schön, wenn man merkt, dass jemand für einen da ist. 

Das alleine reicht aber nicht. Man muss auch wollen und bereit sein, an sich zu arbeiten. Das geht aber nicht von heute auf morgen. Man muss mit sich Geduld haben! Wichtig ist, dass es wieder bergauf geht und man Dinge macht, die einem Freude bereiten. Am Ende ist es sehr bestärkend, wenn man merkt, dass man selbstsicherer wird. Ich habe mir immer gesagt und sage es noch: Nach Regen kommt die Sonne, nach Sonne der Regen.

Was ist dein größter Wunsch für die Zukunft? Gibt es etwas, das du unbedingt noch machen möchtest? 

Mein größter Wunsch für die Zukunft ist, viele Modelaufträge zu bekommen. Ich will noch viele interessante Situationen, Designer und Fotografen kennenlernen. Auch in der Werbung zu erscheinen wäre schön. Aber vor allem möchte ich gesund bleiben. Das Leben ist einfach so spannend….

Im Frühjahr 2021 hat Barbara beim HEYDAY-Projekt „So finde ich mich sexy” teilgenommen – zum Artikel mit Fotostrecke geht es HIER!

Fotos: ProSieben/Richard Hübner für Germany’s Next Topmodel – by Heidi Klum

Über Barbara Radtke

Barbara kam 1953 in Schleswig-Holstein zur Welt und wuchs in Flensburg auf, wo sie bis heute wohnt. Die gelernte Friseurin und Fachkosmetikerin ist verheiratet und hat vier Kinder sowie drei Enkelkinder. In ihrer Freizeit ist sie gerne aktiv – Skifahren, Wandern, Zumba, Yoga und spiritueller Tanz sind nur einige ihrer liebsten Hobbys. Seit drei Jahren ist Barbara zudem als Model unterwegs: Bei diversen Werbe- und Magazin-Shootings stellte sie bereits ihr großes Talent vor der Kamera unter Beweis – jetzt will es die 68-Jährige als Kandidatin bei GNTM so richtig wissen!

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