Designer Marcel Ostertag (43) feierte gerade seinen 15. Label-Geburtstag. Die aktuelle Kollektion ist eine Hommage an seine Mutter Doris (63), deren Kleiderschrank immer eine große Inspiration für ihn war. Ganz nebenbei hat Marcel auch noch einen neuen Laden in Berlin-Mitte eröffnet. Ein Gespräch über die besondere Beziehung zu seiner Mutter, Nachhaltigkeit und Kreativität in der Corona-Krise
Eleganz mit einem Schuss unwiderstehlicher Coolness – ein typischer Look von Marcel Ostertag
Seit 15 Jahren erfolgreich:
Modemacher Marcel Ostertag
HEYDAY: Lieber Marcel, 15 Jahre Marcel Ostertag – 15 Jahre deutsche Modegeschichte. Wie ist es dir nach den aufregenden Wochen rund um dein Jubiläum und der Berlin Fashion Week ergangen?
Marcel Ostertag: In der Tat waren diese Wochen sehr aufregend und zeitintensiv. Aber genau diesen Drive brauche ich: Stress spornt mich an! Mir geht es sehr gut, da mein Beruf nicht nur Job ist, sondern meine Leidenschaft – und das macht mich täglich glücklich.
Du hast deine Kollektion für Frühjahr/Sommer 2022 deiner Mutter Doris Ostertag gewidmet. Was hat dich dazu bewogen?
Meine Mama hat mich immer unterstützt und war bei allen meinen Shows mit dabei. Außerdem hat sie mich indirekt zur Mode gebracht. Ihr Kleiderschrank war in meiner Kindheit Inspiration pur.
Die Widmung mit den Worten „du bist meine Sonne” ist sehr berührend. Was ist das Besondere an eurer Beziehung und wie hat sie im Laufe der Jahre deine Karriere beeinflusst?
Wir sind sehr eng miteinander, telefonieren fast täglich und tauschen uns aus. Dadurch, dass Doris einen Gnadenhof in Bayern hat und ich mein Label mit Hauptsitz in Berlin, sehen wir uns leider nicht mehr ganz so oft wie früher. Aber Gott sei Dank bin ich geschäftlich öfter in München und besuche sie bei jeder Tour.
„Meine Mama hat mich immer unterstützt und war bei allen meinen Shows mit dabei. Außerdem hat sie mich indirekt zur Mode gebracht. Ihr Kleiderschrank war in meiner Kindheit Inspiration pur”
Du konntest als Modedesigner sicher immer voll auf ihre Unterstützung setzen – oder hätte sie lieber gewollt, dass du Chirurg oder Anwalt wirst?
Ich wurde immer unterstützt und gefördert. Erst war es das klassische Ballett, danach kam direkt die Mode, die mich in den Bann zog. Ich hätte niemals etwas studieren sollen, was mich nicht beflügelt. Eines war meiner Mutter aber immer wichtig: Sie sagte mir, dass ich immer mit beiden Beinen am Boden bleiben und mein Herz stets am richtigen Fleck behalten soll. Das habe ich mir zu Herzen genommen – ich denke, dass ich deshalb so nahbar und authentisch geblieben bin. Vielen Menschen verändern sich durch den Erfolg. Ich nicht.
Klare Farbflächen statt schrille Muster – die Looks von Marcel Ostertag sind aufsehenerregend und kommen dennoch ganz ohne Schickschnack aus. Wenige wohlgesetzte Details sorgen dabei für das gewisse Etwas
Inspiriert deine Mutter dich bei den Entwürfen?
Oft denke ich an sie, wenn ich meine Kollektion entwerfe. Meine Mutter fungiert hier nicht direkt als Muse, sondern mehr als meine liebste Kritikerin. Sie macht mit mir immer den Tragbarkeits-Check.
„Meine Mutter ist meine liebste Kritikerin. Sie macht mit mir immer den Tragbarkeits-Check.“
Denkst du darüber nach, für welches Alter ein Teil am besten passt?
Ich entwerfe Mode ohne Altersgrenze, denn ich finde das Alter unwichtig. Meine Designs sind für starke Persönlichkeiten, die gerne Zeitlosigkeit mit Modernität verknüpfen. Nur so wird eine Kollektion wirklich nachhaltig: Wenn die Modelle immer wieder getragen werden können und somit zu Lieblingsstücken werden. Außerdem geht es natürlich um das Fühlen, die haptischen Momente, wenn wir schöne exklusive Mode tragen. Und Gefühle kennen kein Alter.
Warum sieht deine Mama in deinen Sachen am schönsten aus?
Weil sie in meiner Kollektion immer strahlt. Wie ein Sonnenschein.
Das Casting für deine Shows ist stets sehr angenehm divers und facettenreich. Wie wählst du deine Models aus? Welche Rolle spielt das Alter dabei?
Bei meinem Casting entscheide ich mich für die Models, die mich mit ihrer Persönlichkeit, ihrer Ausstrahlung und ihrem Walk überzeugen. Das Alter spielt da keine Rolle. Ich muss ihren Drive und die Lust am Modeln spüren.
„Ich stecke niemals den Kopf in den Sand. Krise macht kreativ!”
Du hast gerade einen neuen Laden in Berlin-Mitte mit dem Namen Under the Surface eröffnet. Was steckt dahinter?
Mein Mann Markus und ich haben den ersten Lockdown sehr kreativ genutzt und uns ein bisschen umorientiert. Wir wollen noch nachhaltiger sein und haben nun auch Vintage-Mode und Interior-Objekte aus zweiter Hand bei uns im neuen Store in Mitte. Außerdem ist ein kleines Café mit vegetarischen Köstlichkeiten in Planung, das bald in den gleichen Räumlichkeiten eröffnen soll. Es geht um den Genuss – aber bitte mit gesundem und nachhaltigem Konsum. Dazu rufen wir auf. Neben meiner Kollektion finden sich somit Raritäten, Einzelstücke und kostbare Schätze, die von mir persönlich kuratiert werden.
Siehst du darin auch eine Art Neustart nach den langen Monaten der Pandemie? Welchen Einfluss hatte und hat die Corona-Krise auf dich als Designer?
Die Pandemie hat die gesamte Branche verändert. Es war für niemanden leicht – wir jedoch haben etwas Aufregendes und Neues daraus geschaffen. Ich stecke niemals den Kopf in den Sand. Krise macht kreativ!
Mode kennt kein Alter. Marcel Ostertags Stücke sollen von Frauen und Männern jedes Alters getragen werden
Auf was dürfen wir uns 2022 von Marcel Ostertag freuen?
Es wird spannend, denn am September 2022 gibt es ein Rebranding. Mehr verrate ich aber noch nicht.
Hier geht es zum Instagram-Account von Marcel Ostertag
Neuer Shopping-Treff in Berlin-Mitte: der Vintage-Concept-Store Under the Surface von Designer Marcel Ostertag
Nachhaltigkeit wird auch bei Designer Marcel Ostertag groß geschrieben, weshalb es nicht wundert, dass er in seinem neuen Concept Store im Herzen von Berlin-Mitte auch Vintagestücke verkauft. Neben seiner eigenen Modekollektion findet man dort Deko-Highlights und schöne Gebrauchsgegenstände wie etwa Kristallgläser, Porzellan und Vasen sowie Schmuck, Sonnenbrillen, Designer-Einzelstücke und Lederwaren. Für das kommende Jahr ist sogar ein Café geplant – dann kann man entspannt bei einem heißen Becher dem Designer über die Schulter blicken, denn das angrenzende Atelier des Kreativen ist vom Showroom aus einsehbar.
Nicht weit vom Rosenthaler Platz, vis a vis des ehemaligen Kaufhaus Jahnsdorf, ist der Designer mit einem neuen Shop-Konzept in Berlin sesshaft geworden.
Under the Surface, Brunnenstr. 173, 10119 Berlin