Model, Mode-Stylistin, gefragte Allround-Journalistin: Susanne Böhm kann mit 43 auf eine vielseitige und sehr erfolgreiche Karriere zurückblicken, und sich aktuell auch noch über ein Comeback als Fotomodell freuen. HEYDAY sprach mit der TV-Moderatorin unter anderem über die aktuelle Situation von Frauen über 40, den Schönheitswahn und das Älterwerden …
HEYDAY: Liebe Susanne, leider fühlen sich viele Frauen ab einem gewissen Alter weniger sexy, manchmal sogar fast unsichtbar. Wir bei HEYDAY wollen Frauen ermutigen, sich auch in der zweiten Lebenshälfte aktiv, fröhlich und selbstbewusst zu verwirklichen. Wie siehst Du persönlich Deiner Zukunft entgegen?
Susanne Böhm: Traut Euch, älter zu werden, es ist herrlich! Ich weiß, es klingt abgedroschen, aber ich fühlte mich nie besser als jetzt. Ja, ich bin ein sehr positiver Mensch, da mag man denken, „ach, die hat‘s ja leicht”, aber ich bin in meinem Leben auch schon durch viel Mist gewatet. Und das sogar mehr im Privaten als im Beruflichen.
Das hat mich geprägt, vielleicht auch stark gemacht. Deshalb schaue ich ganz offen in die Zukunft und bin vielmehr gespannt, gelassen und neugierig, als ängstlich und verdrossen. Ehrlicherweise mache ich mir meistens über das „Alter“ kaum bis keine Gedanken. Vielleicht ist das eine gute Art, in die Zukunft zu schauen: einfach in der Gegenwart zu sein.
Du hast bereits in Deiner frühen Jugend mit dem Modeln angefangen. Hat dies Deine Einstellung zum Thema Schönheit beeinflusst oder verändert? Was macht, Deiner Meinung nach, wahre Schönheit aus?
Als junges Mädchen, als ich mit dem Modeln anfing, hatte ich quasi kein Verhältnis zum Schönsein, denn ich selbst wurde gehänselt (ja, auch das ist wieder ein Klischee), war ein langer dünner Lulatsch und eben kein Jungenschwarm. Ich habe die plötzliche Bewunderung genossen, aber lange Zeit Schönheit mit mir selbst nicht in Verbindung bringen können. Es war vielmehr das Spiel mit der Kamera, das Schlüpfen in andere Rollen, das aus mir Herauskommen und meine Schüchternheit überwinden, was mich an diesem Job so gereizt hat. Ich musste aber auch plötzlich feststellen, dass Schönheit und Disziplin zusammengehören: gesund essen, Sport treiben. Ich fing an, auf meinen Körper zu achten, was damals für ein 16-jähriges Mädchen eher ungewöhnlich war.
Schönheit ist für mich auch eine tolle Hülle, ein sportlicher Körper, klar. Aber noch viel mehr ein inneres Strahlen, mit sich im Reinen sein, wissen, was man will, wer man ist. Und beim lezten Satz Letzterem kommen wir wieder zum Älterwerden – da ist die Wahrscheinlichkeit schon sehr viel höher, genau über dieses Wissen zu verfügen!
Modeln, vor der TV-Kamera stehen – du arbeitest in einer Branche, in der Aussehen eine wichtige Rolle spielt. Hat sich für Dich erwiesen, dass es junge und gutaussehende Menschen im Leben tatsächlich immer leichter haben?
In unserer heutigen, visuell ausgerichteten Welt, kann man das nicht bestreiten: Wer gut aussieht, fällt auf, wird angeschaut, beachtet. Aber genau so ist Diversität doch heute ein großes Thema: Sei anders und falle auf! Ich habe mal 52 Kilo gewogen und mal 78. Ich war mit 16 Jahren erfolgreich und bin es jetzt mit 43. Ich war früher glücklich, zwischen Kapstadt, Paris und New York unterwegs zu sein und liebe es jetzt, mit meinen Kids an der Alster oder im Hamburger Stadtpark Rad zu fahren – es kommt auf die Perspektive an. Klar kann ich jetzt nicht mehr Jobs machen, für die 19-jährige gesucht werden, aber glücklicherweise wird die Gesellschaft älter und die zahlungskräftige Zielgruppe auch. So ist Modeln als sogenannter Best Ager (ab 35 Jahre) heute gefragter denn je.
In Kampagnen wird ja meist noch mit sehr jungen Models geworben – auch dann, wenn es sich um Marken handelt, die offensichtlich eine reifere Zielgruppe ansprechen wollen. Doch in letzter Zeit sind Frauen über 40 in der Werbung deutlich sichtbarer geworden. Hältst Du das für einen kurzlebigen Trend, oder wird sich die Einstellung der Gesellschaft gegenüber Frauen in der zweiten Lebenshälfte dauerhaft ändern?
Die Modebranche ist immer Trends unterworfen, da kann sich alles ändern. Aber ich denke, diese Ausrichtung der Werbung, mit älteren Modellen zu arbeiten, wird nicht rückläufig sein. Die Diversität auch in der Fashion- und Werbebranche wird erhalten bleiben, alles andere können sich Labels gar nicht mehr leisten. Sie würden als rückschrittlich und konservativ gelten. Vielleicht ist irgendwann das „Alter“ gar kein Thema mehr, vielmehr individuelle Typen, Interessen, Ausrichtungen – das wäre doch ein Schritt in die richtige Richtung.
Du hast Dich nicht auf Deinen Erfolgen als Model und Mode-Stylistin ausgeruht, sondern Journalismus studiert, hast deine Karriere neugestaltet, und Dich stets weiterentwickelt. Was empfiehlst Du Frauen jeden Alters, die sich berufliche Veränderung in ihrem Leben wünschen, aber den Mut zum Handeln nicht aufbringen?
Erinnere Dich zurück, als Du ein kleines Kind warst: Alles war möglich, Du konntest Dir selbst alles für Dich vorstellen, Deine Phantasie schien unerschöpflich. Du bist immer noch dieser Mensch, nur im Korsett der Erwachsenenwelt. Wer sagt Dir, dass etwas nicht geht? – Doch nur Du selbst!
Vielleicht ist es nicht nur der Mut, der fehlt, vielleicht ist es oft auch Bequemlichkeit. Bekomm‘ den Arsch hoch und mach‘. Es muss ja nicht gleich ein Branchenwechsel sein. Kleine Schritte sind es, die zum Ziel führen. Meine beste Freundin trichterte mir dieses Mantra ein: „Schritt für Schritt“. Manchmal stehen wir uns mit unseren Erwartungen selbst im Weg …
„Ich finde junge Menschen toll, aber mental reizen mich dann doch eher die älteren Semester”
Susanne Böhm
Du bist Mutter von zwei Kindern – wie meisterst Du die Balance zwischen Beruf und Familie?
Es ist schwer. Ich sehe meine Kinder viel zu selten. Das muss ich zugeben. Aber ich liebe meinen Job. Auch ich bin mit einer Mama aufgewachsen, die ich selten gesehen habe. Vielleicht erklärt das meine Gelassenheit bei dem Thema. Ich versuche, die wenige Zeit mit den Kids ganz besonders zu genießen. Sie sehen, dass ich glücklich bin, weil ich ausgeglichen bin und meine beruflichen Ziele nicht völlig zurückstelle. Ich hoffe, dass ich ihnen genug bin, dass ich ihnen in ihren wichtigen Momenten zur Seite stehe. Dass ich nach Hausaufgaben frage, nach Ängsten, Freunden, der gelungenen Klavierstunde. Dass ich sehe, wenn sie mal wieder auf einen Baum klettern oder mit dem Roller zur Kita düsen. Es ist immer ein bisschen schlechtes Gewissen da und dann wieder herzhafte Freude. Aber welche Mama, welcher Papa, kennt das nicht?
Vor dem Hintergrund Deiner Lebenserfahrung – welchen Ratschlag würdest Du heute der 16-jährigen Susanne für ihr Leben mit auf den Weg geben?
Du bist ein großartiges Mädchen, ich vertraue Dir, Du hast das Zeug, um in dieser verrückten Branche erfolgreich zu sein. Lass Dich nicht verrückt machen, vertrau auf Dich, ich werde immer für Dich da sein, wenn Dich etwas bedrückt. Und wenn es hier nicht klappt, kein Problem, Du bist so schlau und ein wunderbarer Mensch, Du wirst Deinen Weg gehen!
Und das sind nicht meine Gedanken, genau das haben meine Eltern immer zu mir gesagt. Es war die beste Rückendeckung, die sie mir geben konnten! Ich würde es genauso machen.
Du bist nun über 40 – welche Veränderungen nimmst Du wahr, welche nerven Dich am meisten und welche kannst Du sogar begrüßen?
Puh, schwere Frage, alles klingt irgendwie arrogant, was man jetzt antwortet ? Vielleicht finde ich es nervig, wenn ich scheinbar Jugendsprache benutze und das peinlich wirkt. Oder wenn ich merke, dass jüngere Menschen einen Siezen und man denkt: ernsthaft??? Aber ich duze ja auch fast jeden.
„Dafür bist du jetzt aber wirklich zu alt!“ – Wie reagierst Du auf diesen Satz?
Er löst eine Allergie in mir aus! Da krempeln sich mir wirklich die Fingernägel hoch. Ich denke, dass die Gesellschaft uns schon reflexartig in Handlungsweisen drängt, die unserem Alter „entsprechen“. Ohne dass es laut gesagt wird. Wenn dann noch jemand kommt, und so einen altklugen Spruch loslässt, muss ich leider laut aufschreien. Das habe ich auch schon gemacht. Wenn Leute bei Themen wie Sport, Job, Ausgehen, Familienplanung etc. von „zu alt“ sprechen, interveniere ich jedes Mal.
Die zunehmende Zahl älterer Menschen in Deutschland ist ein wichtiger Faktor des demographischen Wandels in Deutschland. Statistisch gesehen werden viele von uns wohl über 80 Jahre alt werden. Was brauchen wir auf individueller und gesellschaftlicher Ebene, damit wir diese lange Lebenszeit zufrieden verbringen können?
Der Wandel in den Köpfen klappt doch schon ganz gut. Mit 50 gehört heute niemand mehr zu den „Alten”. Niemand rümpft die Nase, wenn man mit über 40 in Clubs und Bars unterwegs ist. Aber wie gehen wir mit dieser längeren Lebens- und auch Arbeitszeit um? Wie wird das lebenslange Lernen organisiert, von dem alle sprechen? Gibt’s eigentlich Berufspolitiker, die mit 68 aufhören? Und wieso sollten Sie? Das gleiche in der Wirtschaft. Wie verändern sich Berufsfelder? Heute macht doch niemand mehr sein halbes Leben lang das gleiche. Ich würde mir wünschen, dass wir uns mehr öffnen gegenüber „Quereinsteigern“ auf beruflicher Ebene. Außerdem denke ich selbst über alternative Wohnkonzepte nach – Mehrgenerationenhaus, Single-WGs, etc.
Wie stehst Du zum Thema Jugendwahn und Schönheitsoperationen?
Schönheits-OPs sind komplett in Ordnung, wenn sich die Person dann besser fühlt, sich entspannt und mehr zu sich selbst steht. Aber macht Mann oder Frau es nur, um von außen mehr Anerkennung zu bekommen, dann wird das nicht lange wirken, denn der Effekt wird schnell verpuffen. Eine OP schenkt Dir zwar eine veränderte Hülle, aber kein neues Selbstbewusstsein.
Und zum Thema Jugendwahn: Ich finde junge Menschen toll, aber mental reizen mich dann doch eher die älteren Semester. Weil mir die intellektuelle Auseinandersetzung super wichtig ist, komme ich bei ganz jungen Leuten schnell an gewisse Grenzen. Und da hört dann auch irgendwann die Schönheit wieder auf.
Stichwort gesund älter werden. Wie hältst Du Deinen Körper fit? Welche Tipps kannst Du unseren Leserinnen geben?
Ich liebe Sport. Ich laufe regelmäßig (am liebsten mit lauter Musik), mache aber auch Indoor-Sport (@fitmitmarcus) auf der Matte. Das stählt den Körper und so bin ich gestärkt für den ganzen verrückten Alltag mit all seinen Herausforderungen. Im besten Falle mach ich das morgens, so starte ich in den Tag und habe diese Routine schon mal abgehakt.
Wie sieht deine Beauty-Routine aus?
Ja, die ist ausbaufähig ?. Meine Mama schenkt mir regelmäßig Haarkuren und Gesichtsmasken, da durch das tägliche Styling bei RTL Haar und Haut schon ganz schön leiden, aber ich vergesse das gerne mal. Außerdem rauche ich ab und an eine Feierabend-Zigarette, da sollte man schon gegenwirken. Am liebsten entspanne ich an kalten Herbsttagen in einer heißen Badewanne, Kerzen an, Gedanken aus ?.
Was möchtest Du Frauen, die Angst vor dem Älterwerden haben, zurufen?
Ihr könnt eh nichts dagegen tun! Das ist wie Angst haben vor Steigungen, wenn man Urlaub im Gebirge macht. Also lieber ordentlich Anlauf nehmen und rein ins Abenteuer! Man weiß doch erst, was einen erwartet, wenn man oben rauf geklettert ist! Und wer davor die Augen verschließt, verpasst doch das Schönste.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Ich möchte meine Kinder glücklich aufwachsen sehen. Ich will sie lachen sehen, ich möchte, dass sie zu mir kommen, mir Dinge anvertrauen. Ich möchte mein Leben weiterhin so vollkommen und erfüllt leben können und dabei wach bleiben für die Kleinigkeiten, die um mich herum passieren.
Vielen Dank an das Produktionsteam:
Fotografin: Christine Rogge, Styling: Barbara Bernhard, Hair/Make-up: Anna Kaap, Model: Susanne Böhm/ Agentur Modelwerk
Über Susanne Böhm
Susanne Böhm kam 1977 in Köthen (Sachsen-Anhalt) zur Welt, bereits während der Schulzeit begann sie zu modeln. Nach dem Abitur zog sie 1996 nach Hamburg und arbeitete hauptberuflich als Model, später auch als Fashion Stylistin. Ab 2001 studierte sie Journalistik an der Universität Hamburg und absolvierte einen Masterstudiengang an der Hamburg Media School. Parallel zum Studium moderierte Susanne Böhm das SAT.1-Boulevard-Magazin Blitz und arbeitete als Stylistin für das Pro7-Mittagsmagazin Avenzio – schöner Leben!
Seit 2006 präsentiert sie im Wechsel mit Kollegen die Sendung RTL Nord bei RTL Nord. In ihrem Talk-Format Susanne trifft! interviewt sie seit 2009 Schauspieler, Musiker und andere Prominente.
Susanne Böhm lebt im Hamburger Stadtteil Uhlenhorst, pendelt oft nach Berlin und ist Mutter von zwei Kindern.
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In Szene gesetzt wurde Susanne Böhm von der Fotografin Christine Rogge
Christine Rogge kommt wie Susanne aus Hamburg und lebt mit ihrer Familie in Berlin. Neben dem Faible für Modefotografie stehen bei der passionierten Fotografin auch Portraitaufnahmen im Fokus. Durch ihre einfühlsame und herzliche Art sorgt sie für eine vertraute Atmosphäre und schafft es, ihren Modellen ein wohliges Gefühl zu geben. Das Resultat sind authentische Momentaufnahmen, die den Betrachter berühren.
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