HEYDAY-Autorin Christine Korte empfiehlt den Netflix-Film Unsere Seelen bei Nacht – ein berührendes Comeback für das Traumpaar Jane Fonda und Robert Redford
Robert Redford und Jane Fonda verbindet eine lange Karriere in Hollywood, die beiden können mittlerweile auf vier gemeinsame Filme zurückblicken. Alles begann im Jahre 1967 mit Barfuß im Park – der Film zählt heute zu den Komödien-Klassikern, und verlieh den Schauspielern auf anhieb Legendenstatus. Sie spielen ein frischverheiratetes Paar, das sich im New York der späten 60er-Jahre den Herausforderungen ihrer jungen Ehe stellt. Besondere Anerkennung fand der Film vor allem wegen der einzigartigen Energie zwischen Redford und Fonda, die auf authentische Weise die Hochs und Tiefs des Ehelebens porträtierten.
50 Jahre später stand das Film-Paar für die Netflix-Produktion Unsere Seelen bei Nacht wieder gemeinsam vor der Kamera und bewies, dass der Funke zwischen den beiden Hollywood-Größen über die Jahre nicht erloschen ist. Der Film von 2017 ist ein echtes Netflix-Juwel, das auf leise und fast poetische Weise davon erzählt, dass es für die Liebe niemals zu spät ist.
Worum geht’s?
Unsere Seelen bei Nacht führt die Zuschauer:innen in eine US-amerikanische Kleinstadt irgendwo im Bundesstaat Colorado. Hier kennt man noch seine Nachbarn, und die kleinen Holzhäuser mit ihren ausladenden Veranden stehen synonym für den „Amerikanischen Traum” von einer gesunden Mittelklasse. Vor dieser Kulisse entfaltet sich zwischen der verwitweten Rentnerin Addie Moore (Jane Fonda) und dem ebenfalls verwitweten Rentner Louis Waters (Robert Redford) eine berührende Liebesgeschichte.
Alles beginnt mit einem ungewöhnlichen Vorschlag: Eines Nachts steht Addie vor der Haustür von Louis, der zwar seit Jahrzehnten ihr Nachbar ist, den sie aber einzig und allein vom Hallosagen kennt, um ihm anzubieten, die Nächte mit ihr gemeinsam zu verbringen. Nein, das ist kein unmoralisches Angebot, sondern eine rührende Bitte ihr zur Seite zu stehen, um gemeinsam das Gefühl der Einsamkeit zu bekämpfen, das nachts ja bekanntlich besonders intensiv sein kann. Im Rahmen nächtlicher Gespräche wächst eine wunderschöne aber auch sehr unaufgeregte Liebe heran, die die kleinen Stolpersteine des Alltags überwinden muss.
Warum der Film so sehenswert ist
Der indische Regisseur Ritesh Batra setzt ganz auf das Können seiner hochkarätigen Hauptdarsteller. Redford und Fonda brillieren im Doppelpack – fast kammerspielartig wirken die langen Gesprächsfrequenzen zwischen Addie und Louis, in deren Verlauf sie sich gegenseitig ihr Innerstes offenbaren. Nicht erfüllte Träume, Fehltritte aber auch die schönen Momente des Lebens – in den gemeinsamen Nächten wird nichts ausgespart und die beiden begegnen sich mit einer erfrischenden Ehrlichkeit, für die man vielleicht nicht alt aber zumindest weise sein muss.
Die Energie des Schauspieler-Duos ist nach wie vor ungebrochen und die Art ihres Spiels so virtuos, dass der Film trotz eines eher dürftigen und vorhersehbaren Handlungsstrangs mitreißt. Batra versteht es, das Thema Liebe im Alter ohne rührseligen Kitsch zu erzählen und nimmt die Zuschauer:innen – ob jung oder alt – mit einer starken Message die Angst vor der Einsamkeit: Liebe kennt keine Altersgrenzen. Addie und Louis beweisen auf einfühlsame Weise, dass es für Zweisamkeit nie zu spät ist. Übrigens (Achtung – Spoiler-Alarm!) auch nicht in sexueller Hinsicht – wenn man nur eine kleine Portion Mut aufbringt.
Jane Fonda setzt neue Maßstäbe für Frauenrollen in Hollywood
Jane Fonda als Besetzung für die weibliche Hauptrolle ist ein Lichtblick in der Medienlandschaft und ein Zeichen dafür, dass sich in der Besetzungs-Politik in Hollywood etwas geändert hat. Endlich werden interessante Rollen auch auf Frauen jenseits der 40 zugeschnitten, und die Rolle einer knapp 80-Jährigen wird heute auch tatsächlich auch von einer knapp 80-Jährigen gespielt. Nur 20 Jahre früher sah das noch ganz anders aus: So besetzte Robert Redford die weibliche Hauptrolle seines Dramas Der Pferdeflüsterer aus dem Jahr 1998 Gerüchten zufolge nicht mit seiner Favoritin Jane Fonda, sondern mit der jüngeren Kristen Scott Thomas. Der Grund? In den Augen der Produzenten soll die damals 60-Jährige zu alt gewesen sein, um ein großes Publikum in die Kinos zu ziehen.
Streaming-Anbieter wie Netflix haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die starren und vor allem sexistischen Altersgrenzen für Schauspielerinnen in Hollywood endlich aufgebrochen wurden – schließlich sehnen sich die modernen Zuschauer:innen nach mehr Vielfalt und vor allem mehr Authentizität. Die 83-Jährige Jane Fonda überzeugt übrigens nicht nur an der Seite von Robert Redford (84) in Unsere Seelen bei Nacht, sondern macht uns auch mit der erfolgreichen Netflix-Original-Serie Grace und Frankie Lust aufs Alter.